: „Notfalls bis zum Volksaufstand“
■ Francisco Jovel, alias Comandante Roberto Roca, Mitglied des fünfköpfigen Oberkommandos der FMLN-Guerilla zur Zukunft El Salvadors
taz:Hat die FMLN den Wahlsieg von ARENA nicht begünstigt?
Roberto Roca: Die Christdemokraten konnten sich nur dank der USA an der Macht halten, aber eine Krise kann nur unter jenen ausgefochten werden, die tatsächlich die Macht innehaben. Deswegen wird es mit ARENA, als Repräsentantin der Oligarchie, die die Macht nie aus der Hand gegeben hat, einfacher sein, eine Lösung zu suchen. Die Situation ist jetzt klarer und ARENA kann nicht, so wie die PDC, sagen, daß sie keine Kontrolle hat. Es ist vorauszusehen, daß Cristiani die Macht mit verstärkter Repression ausüben wird. Aber diese Politik ist zum Scheitern verurteilt und wird in den USA auf Widerstand stoßen. So kann die Tür zu einer politischen Lösung aufgestoßen werden, was uns lieber ist. Wenn das nicht passiert, werden wir den Krieg weiter eskalieren, bis er in einen Volksaufstand mündet.
Seit den Wahlen sind die Aussichten für eine politische Konfliktlösung gestiegen? Eine kühne Behauptung...
Alle sind wegen der kriegerischen Positionen von ARENA besorgt. Aber wenn sich Duarte trotz der Unterstützung der USA und anfangs einer gewissen Basis im Volk soweit verbraucht hat, daß der Christdemokratischen Partei die Auflösung droht, dann wird es noch viel weniger lang dauern, bis klar ist, daß ARENA das Land nicht regieren kann. Die FMLN hat heute eine starke Armee. Und wenn die Wähler merken, daß Cristiani seine Versprechen von Frieden, Arbeit und Hausbau nicht halten kann, dann wird eine Enttäuschung eintreten, die eine politische Lösung begünstigt.
Wird der Wahlsieg von ARENA dadurch weniger bedrohlich?
Unser Ziel war die Niederlage der Christdemokraten mit ihrem Antiguerillaprogramm, das wir jahrelang bekämpft hatten. Das führte unvermeidlich zum ARENA- Sieg.
Werden die Massen sich wieder fürchten müssen, auf den Straßen zu demonstrieren?
In den Massenorganisationen hat ein außerordentlicher Diskussionsprozeß darüber begonnen, wie man einer ARENA Regierung begegnen soll. Das beweist den hohen Grad an Politisierung. Dieser Kampf ist nicht spontan sondern bewußt und dem Rhythmus des Krieges angepaßt. 1980 war ein Jahr ungeheuren Terrors, das aber in den Aufstand vom 10. Jänner 1981 mündete und ein Volksheer hervorbrachte, das heute dem Staatsterrorismus gegen die Volksorganisationen entgegentreten kann.
Das Gespräch führte Gianni Beretta in Mexiko
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