: Verhandlungssvorschlag der FMLN
El Salvadors Guerilla präsentiert zum Amtsantritt der rechtsextremen Regierung einen neuen Vorschlag, um zu einem Frieden in dem mittelamerikanischen Land zu gelangen / die taz dokumentiert die Verpflichtungen der Kriegsparteien ■ D O K U M E N T A T I O N
Drei Tage vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten El Salvadors, Alfredo Cristiani von der rechtsextremen ARENA, legte die „Befreiungsfront Farabundo Marti“ (FMLN) am Montag einen neuen Verhandlungsvorschlag auf den Tisch. Die FMLN präsentiert das Angebot nach einer Woche verschärfter Kämpfe, bei denen nach Angaben beider Bürgerkriegsseiten über 300 Menschen starben oder veletzt wurden. Am Montag vergangener Woche hatte sie unter der Parole „Alle gegen ARENA“ eine Offensive gestartet. Die FMLN vertritt die Auffassung, daß der Amtsantritt der ARENA-Regierung für alle sozialen Kräfte des Landes und die internationale Staatengemeinschaft „eine Verlängerung und Vertiefung des Krieges in El Salvador“ bedeutet.
Die Guerilla schlägt vor, daß alle Parteien, die der neuen Regierung nicht angehören, eine Vermittlerrolle übernehmen, bis es zu direkten Verhandlungen zwischen der Regierung und der FMLN kommt. Der Vorschlag, den die Guerilla mit den Oppositionsparteien beraten will und der den Weg zu einer Verhandlungslösung und einem dauerhaften Frieden öffnen soll, beinhaltet im einzelnen folgende Punkte: Die FMLN verpflichet sich
a) keine Attentate irgendwelcher Art auf politische Führer der Regierung Cristiani zu verüben,
b) alle landesweiten Verkehrboykotts und auch jegliche Sabotage an öffentlichen Verkehrsmitteln einzustellen,
c) das Leben, die Freiheit und die physische Integrität sowie die Wohnhäuser der Angehörigen politischer und militärischer Führer der Regierung, der Streitkräfte zu respektieren,
d) auf den Gebrauch von sogenannten „Autobomben“ in den Städten weiterhin zu verzichten,
e) das Personal und die Infrastruktur der Vereinigten Staaten von Amerika in El Salvador zu respektieren,
f) die Sabotage am Elektrizitätssystem und in den städtischen Einkaufszentren einzustellen.
Die ARENA-Regierung
verpflichtet sich
a) den Ex-Major Roberto d'Aubuisson (ARENA-Gründer und eigentlicher Führer der Partei, A.d.R.) sowie alle übrigen, die in die Ermordung von Monsenor Romero (1980 ermordeter Erzbischof von San Salvador, A.d.R.) vor Gericht zu stellen und d'Aubuisson von jeder Beteiligung in irgendeinem Staatsorgan auszuschließen,
b) die Todesschwadronen effektiv aufzulösen und auf die Aufstellung einer „patriotischen Zivilverteidigung“, sei es in gesetzlicher oder versteckter Form, zu verzichten,
c) die inhaftierten Gewerkschaftsführer und Aktivisten der Volksbewegung sowie die politischen Gefangenen freizulassen sowie an den Universitäten, in den Lokalen der Volksbewegung, der Kirchen und gesellschaftlichen Organisationen die Morde, die Gefangennahmen, das Verschwindenlassen, die militärischen Umzingelung, Angriffe und Durchsuchungen und jede Repression gegen die Oppositionsparteien einzustellen,
d) die Agrarreform, inklusive des Dekrets 207, durchzuführensowie die Verstaatlichung der Banken und des Außenhandels, so, wie dies von der Regierungsjunta 1980 dekretiert wurde, aufrechtzuerhalten,
e) der nationalen und internationalen Presse unbegrenzte Informationsfreiheit zu garantieren und die Drohungen und Einschüchterungen gegen diese einzustellen,
f) die von der vorherigen Regierung eingegangene Verpflichtung einzuhalten, die Kriegsverletzten der FMLN zu evakuieren sowie das Leben der Familienangehörigen der Führer der Volksbewegung, der Oppositionsparteien und der FMLN zu respektieren.
(Übersetzung: taz)
Die FMLN wiederholt im übrigen ihre Bereitschaft zu einem Waffenstillstand im Zusammenahng mit einer globalen Verhandlungslösung des salvadorianischen Konflikts. Überdies ist sie auch zu einem Waffenstillstand bereit, „falls alle Regierungen und alle Seiten im mittelamerikanischen Konflikt unter internationaler Überwachung multilateral und gleichzeitig die Versorgung mit Waffen einstellen“. Der oben dokumentierte Vorschlag ist von den Kommandanten Francisco Jovel und Schafik Handal, beide Mitglieder des fünfköpfigen Oberkommandos der FMLN unterzeichnet. Siehe auch Seite 10
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