: Erinnerungen an den gelben Stern
■ „Fremdarbeiter„-Anstecker verursachen Aufruhr in Israel / In Ariel jetzt Plaketten für alle Fremden
Jerusalem/Tel Aviv (afp/taz) - Eine diskriminierende Maßnahme der Siedlung Ariel in der Westbank, die palästinensische Arbeiter mit „Fremdarbeiter„-Plaketten versehen wollte, ist nach heftigen Protesten in Israel zurückgenommen worden. Vielerorts wurden Erinnerungen an den gelben Stern wach, den Juden während des Dritten Reiches in Nazi-Deutschland tragen mußten. Jetzt will die Verwaltung alle Fremden mit einer nicht näher erklärten Kennzeichnung ausstatten, ob Juden oder Palästinenser.
Bereits kurz nach Bekanntgabe der Maßnahme hatten am Mittwoch 28 israelische Abgeordnete verschiedenster politischer Richtungen dagegen protestiert. Die „schändliche und rassistische“ Maßnahme diene zur Demütigung der Palästinenser und passe nicht zu einem demokratischen Staat. Ein Beamter in Ariel verteidigte das „Sicherheitsexperiment“: „Araber dürfen nicht einfach durch die Straßen laufen und unser Leben bedrohen.“
Der für arabische Angelegenheiten zuständige israelische Minister Ehud Olmert meinte zwar, die Plakette sei „keine gute Idee und keine sensible Wahl“, verteidigte jedoch das Recht auf Sicherheitsvorkehrungen in den besetzten Gebieten.
Doch nicht nur die Anstecker verursachen in Israel Aufruhr. In Petah Tikva, einem Ort in der Nähe von Tel Aviv, plant der Gemeindevorstand, vor dem Ortseingang ein umzäuntes Lager einzurichten, in dem sich palästinensische Arbeitssuchende sammeln sollen, um von Israelis begutachtet werden zu können. Dieses Projekt wurde Zeitungsberichten zufolge von dem neuen Bürgermeister von Petah Tikva Giora Leb vorgeschlagen, einem früheren Militärattache in Südafrika.
Die Vorbereitungen für das Lager sind offenbar in vollem Gange. Bereits jetzt müssen sich die palästinensischen Arbeiter tagtäglich vor dem Ort an einer Sammelstelle unter freiem Himmel einfinden, von wo aus sie dann mit Bussen zur Arbeit gebracht werden. „Heute laufen sie frei in unserem Ort herum, pinkeln in den Eingängen unserer Häuser und sind außerdem ein ernsthaftes Sicherheitsproblem für unsere Bevölkerung“, erklärte kürzlich das Mitglied des Gemeinderates von Petah Tikva Avi Lavi gegenüber der Tageszeitung 'Hadashoth‘.
Diese lokalen Maßnahmen werden komplettiert durch eine Regierungsaktion: Ab dem 6. Juni sollen alle 700.000 in den besetzten Gebieten lebenden Palästinenser per Computer erfaßt werden. Die etwa 40.000 täglich in Israel arbeitenden Palästinenser müssen dann den Grenzpolizisten eine Sicherheits-Magnetkarte aushändigen, die dann vom Computer kontroliert werden kann. Palästinenser mit Vermerk sollen zurückgewiesen werden.
Jacques Pinto/A.W.
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