Streik und Demo 'Links der Weser‘

■ Nach Streiks in den Krankenhäusern Mitte, Nord und Ost gingen gestern Schwestern, Pfleger und zwei Ärzte von 'Links der Weser‘ auf die Straße

Das hat es da noch nicht gegeben: Rund 100 Bedienstete des Krankenhauses 'Links der Weser‘ in Bremen-Kattenturm ließen gestern nachmittag Arbeit und PatientInnen liegen und gingen im vollen Ornat auf die Straße: mit OP-Hauben, mit den grünen Kitteln der Intensivstation und in weißen Klinik -Mänteln. Einige Pfleger schoben Klinik-Betten vor sich her

-allerdings ohne die dazugehörigen Kranken, aber mit ÖTV -Luftballons oder dem Transparent „Pflege im Akkord ist Mord“ am Bettengalgen - und sorgten so für gehöriges Staunen bei Autofahrerinnen und Bus-Insassen.

Der Polizei wurde - ange

sichts des Freitags-Verkehrs - ganz mulmig; sie verbot der kleinen Demonstration den Weg auf die Neuenlander Straße („Sonst stoppen wir sie“) und schickte sie auf der Kattenturmer Heerstraße stadtauswärts. Auch da wollten aber viele aus Bremen ins Wochenende: In Minuten staute sich die Blechschlange. Eine Daimler-Fahrerin kurbelte die Scheibe runter: „Prima!“ Ein Taxifahrer, trotz Stau: „Ihr habt völlig Recht!“

„Ich habe seit gestern morgen 7.45 Uhr Dienst gemacht“, erzählte ein OP-Pfleger, „das mit dem Freizeit-Ausgleich klappt ja nicht, man kommt morgens doch nicht nach Hause, weil Kollegen

in der Tagschicht fehlen.“ Eins ist ganz klar: Die da auf der Straße demonatrierten, hatten die Faxen dicke, da kam der Frust von Jahren raus. „Die Arbeitgeber schieben immer die Patienten vor, immer werden wir erpreßt“, beschwerte sich bitter eine Mitarbeiterin der Abteilung fürs Magenspiegeln, „letztes Jahr im Urlaub haben sie mich dreimal angerufen, daß ich kommen soll!“ Wie

ihre KollegInnen in den Bremer Krankenhäusern St.-Jürgen -Straße, Ost und Nord wollen die Bediensteten 'Links der Weser‘ die seit Jahren runtergeschluckten und inzwischen unerträglichen Notstände öffentlich machen: Viel Streß und Arbeit, wenig Geld, ständige Fluktuatuion in den deshalb immer unattraktiveren Berufen. „Das ganze mit dem Dienst am Menschen und der

Helfer-Moral ist doch Quatsch“, meinte der aus dem OP, „natürlich macht die Arbeit Spaß, aber das ist ein Leistungsberuf. Wir können uns qualifizieren wie wir wollen, mit Kenntnissen an Geräten oder für bestimmte Sparten, Anästhesie oder was - das schlägt sich finanziell ja nie nieder! Wir machen Herz-OP's, aber niemand ist da, die Omas vom Nachttopf zu holen... “

„Also, diese Arbeit würden sie für das Geld nicht machen, das haben uns ganz viele Patienten erzählt“, berichtete ein Arzt aus der Chirurgie gegenüber der taz, „die Patienten sind ziemlich solidarisch.“ Die Ärzte wohl weniger: Überhaupt nur zwei Ärzte demonatrierten mit „typisch für das Obrigkeitsdenken“, regte sich ein Pfleger darüber auf.

Daß die Aktion sich nicht gegen die Kranken richten, sondern den Arbeitgebern Dampf machen soll, hatte die ÖTV in ihrem Flugblatt geschrieben. Auf den Stationen tat ein Notdienst das Nötigste.

1.200 Mark bekommt eine Krankenschwester - kein Wunder, daß qualifizierter Nachwuchs auf Dauer kaum noch zu finden ist. „Die Forderungen sind mehr als berechtigt“, fand der Chirurg, „immer mehr Personal wandert ab, während die Anforderungen steigen. Bessere Bezahlung ist erstmal die wichtigste Maßnahme!“

Die Sprecherin der ÖTV-Betriebsgruppe, Sigrid Schierloh, berichtete von der Stimmung auf den Stationen: „Seit gestern sitzen die Tarif-Partner ja mal wieder am Tisch, nachdem die Arbeitgeber das blockiert hatten. Aber alle sind bereit, den Kampf aufzunehmen und keinen faulen Kompromiß mitzumachen.“ Susanne Paa