: Tritium, Plutonium, Geheimnistum
Atom-Connection bleibt geheime Reichssache: BND-Chef Wieck verweigert vor Bonner Untersuchungsausschuß jegliche öffentliche Aussage / Rückzug in abhörsicheren Raum ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann
Was die Spatzen von den Dächern pfeifen, ist für den Bundesnachrichtendienst (BND) geheime Reichssache: die bundesdeutsche Hilfe für die Atomwaffenprogramme diverser Länder. BND-Chef Hans Georg Wieck verweigerte vor dem Bonner Atom-Untersuchungsausschuß gestern jegliche Aussage zu den zurückliegenden Exportskandalen - zumindest solange die Öffentlichkeit zugelassen war.
Das Kanzleramt hatte dem Geheimdienst-Mann zwar eine Aussagegenehmigung erteilt, ihm jedoch anheim gestellt, an welchem Punkt „das Wohl der BR Deutschland gefährdet“ sei. Wieck sah dann die „Sicherheit seines Dienstes“ bereits bei Fragen bedroht, die von der Staatsanwaltschaft längst öffentlich beantwortet wurden: daß nämlich die Lieferung einer Tritium-Anlage nach Pakistan keinem friedlichen Zweck dienen konnte. Über militärisch anrüchige deutsche Exporte nach Indien plauderte zwar der CIA vor einem US-Ausschuß, aber der BND-Mann schwieg sich auch darüber aus. Der Bundesnachrichtendienst berichtet dafür dem Kanzleramt regelmäßig über den nuklear-militärischen Entwicklungsstand von Ländern wie Pakistan, Indien und Argentinien und unterrichtet auch die bundesdeutschen Exportbehörden, die sich bekanntlich gerne auf ihre angebliche Unkenntnis zurückziehen, wenn wieder einmal ein bombenträchtiger Export bekannt geworden ist.
Weil „Kenntnis durch Unbefugte das Wohl der BR Deutschland gefährden“ würde, so der Beschluß der Mehrheit des Untersuchungsausschusses, zog sich das Gremium mit Wieck schließlich zu einer Geheimveranstaltung in einen abhörsicheren Raum des Bundestags zurück. Assistiert von einem Mitarbeiter, der der Öffentlichkeit nicht einmal vermummt präsentiert werden sollte, bestätigte Wieck dann hinter verschlossenen Türen, daß der BND „Erkenntnisse“ über die diversen Nukleargeschäfte hat und daß auch jene Tritium -Anlage in Pakistan, die mit Hilfe eines damaligen Mitarbeiters des Garchinger Max-Planck-Instituts geliefert wurde, militärischen Zwecken dient. Die wirklich heißen Informationen, was deutsche Atomphysiker zum Beispiel in Südafrika treiben und warum, die hat sich der BND-Mann ohnehin für andere Gelegenheiten aufgehoben: Dafür gibt es ja das Kanzleramt.
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