Zornige Gemüter nach dem Regen

■ Sabatinis Mühsal, Steebs Enttäuschung, Seles‘ Blumen und Bahramis Lachen

Paris (taz) - Der Regen ist der natürliche Feind jedes Tennisspielers - und des Tenniszuschauers erst recht. Glücklichen Besitzern einer Tageskarte kann es bei vielen Turnieren passieren, daß das gute Stück verfällt, ohne daß sie einen einzigen Aufschlag gesehen haben. Nicht so in Paris. Hier gibt es eine Regenversicherung. Wenn auf dem Centre Court oder dem „Court 1“ weniger als zwei Stunden am Tag Tennis geboten wird, gibt es das Geld zurück.

Ein kleiner Trost für all jene, die am Freitag frierend und feucht auf einen Wetterumschwung hofften, nachdem bereits nach einer Stunde Spielzeit heftige Schauer dem filzigen Treiben ein Ende gesetzt hatten. Fast wäre die Sache noch schief gegangen. Boris Becker mühte sich redlich und brachte es bei seinem Dreisatzsieg gegen den Briten Bates auf „Court 1“ tatsächlich auf exakt 2 Stunden und 3 Minuten, nachdem es am späten Nachmittag aufgeklart hatte. Zum Glück für die Versicherungsnehmer war das Geschehen auf dem Centre Court mit dem morgendlichen 62-Minuten-Erfolg Steffi Grafs gegen Nicole Jagerman und der Hängepartie Mayotte - Agnor, die letzterer gewann, schon nach 112 Minuten absolviert.

Außer für lange Gesichter sorgte der Regen für ein dichtgedrängtes Programm am Samstag. Die Topspieler traten sich auf die Füße, nur Steffi Graf und Boris Becker durften ruhen, Becker wahrscheinlich mit einer Kiste Champagner der Versicherungsgesellschaft. Am schlechtesten war der unverhoffte Ruhetag Gabriela Sabatini bekommen. Sie habe kaum trainieren können und sei überhaupt nicht im Spiel gewesen, jammerte die Argentinierin nach ihrem hauchdünnen 4:6, 7:5, 6:3 gegen eine starke Nicole Provis aus Australien. Selbst nach dem verwandelten Matchball war Sabatini über ihr verkorkstes Spiel derart wütend, daß sie keine Spur von Freude zeigte, sondern aufgebracht den Schläger von sich warf.

Ebenso zornig war Carl-Uwe Steeb nach seiner Niederlage gegen den armen Russen Andrej Chesnokov, der nach dem Erreichen des Achtelfinales nun schon mindestens 19.450 Dollar an seinen Verband abliefern darf. Aber wenn er Glück hat, kann er vielleicht wieder 800 Dollar behalten und bekommt zudem, wie nach seinem Sieg in München, eine nächtliche Bahnfahrt 2. Klasse zum nächsten Turnier spendiert.

Monica Seles, die 15jährige Jugoslawin aus Florida, spielte zum ersten Mal auf dem Hauptplatz bei einem Grand-Slam -Turnier und eroberte die Herzen von Paris im Sturm. „Monica, Monica“, hallten die Rufe durchs Stadion, wenn sie wieder eine ihrer knallharten, jeweils beidhändigen Vor oder Rückhände an der verdutzten Zina Garrison, Nummer 4 der Setzliste, vorbeirauschen ließ. So sauer war die schwarze Amerikanerin nach der 3:6, 2:6-Niederlage, daß sie die Blume, die Monica ihr zum Trost übereignen wollte, entrüstet ablehnte. Wenn Monica Seles jetzt noch den beidhändigen Aufschlag übt, dürfte sie nur schwer zu schlagen sein.

Abseits der großen Namen agierte der größte Zauberer des Tenniszirkus: Mansour Bahrami aus dem Iran, in Deutschland 1988 durch seine Zweisatzshow gegen Becker berühmt geworden. Angesichts der spärlichen Kulisse auf Platz 13 verzichtete der 33jährige Schnauzbart noch auf seine besten Kabinettstückchen, den messerscharf geschnittenen Stopp, der ins eigene Feld zurückhüpft, und den Aufschlag mit der Schlägerrückseite. Er beschränkte sich auf kleine Einlagen und darauf, seine Kontrahenten diabolisch-angriffslustig auszulachen. Im übrigen spielte er glänzende, schnörkellose Volleys.

Seine Trickkiste wird er vermutlich erst auspacken, wenn er auf die großen Plätze darf. Die Chancen stehen nicht schlecht. Sowohl im Doppel mit Eric Winogradsky als auch im Mixed mit Elly Hakami kam Bahrami eine Runde weiter.

Hlasek-Lavalle 4:6, 6:1, 3:6, 6:3, 6:4; Mancini-Haarhuis 6:4, 6:4, 6:3; Wilander-Camporese 6:4, 6:3, 7:6; Edberg -Arias 6:4, 6:4, 6:4; Hanika-Golarsa 4:6, 6:1, 6:3; M.Maleewa-Sawtschenko 6:1, 6:2.

Matti Lieske