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Aus für Wackersdorf - Ein für europäische WAA

Mit dem Kabinettsbeschluß wird europäische Wiederaufarbeitung Teil des „integrierten Entsorgungskonzepts“ / La Hague gilt nun als Entsorgungsnachweis / Radioaktive Emissionen sind französische Angelegenheit / Klausel über Nichtverbreitung fehlt  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Wackersdorf ist tot, es lebe die europäische Plutoniumwirtschaft. Die Bundesregierung besiegelte gestern per Kabinettsbeschluß den Verzicht auf die nationale Wiederaufarbeitung und billigte zugleich die Kooperation von Veba und Cogema im französischen La Hague. In einer gestern unterzeichneten Erklärung mit der französischen Regierung legte sich die Bundesregierung auf eine „langfristige Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wiederaufarbeitung“ bis mindestens zum Jahr 2015 fest.

Umweltminister Töpfer stellte dies als „Grundsatzentscheidung“ einer „europäischen Strategie“ der Kernenergienutzung heraus: „Die Bundesregierung hat damit die Grundlage für einen neuen europäischen Konsens in der Kernenergie geschaffen.“ Dem müsse nun ein neuer nationaler Konsens folgen, forderte Töpfer. Unter Anspielung auf die SPD, die eine europäische Wiederaufarbeitung gestern ablehnte, sagte Töpfer, jeder müsse nun die „Europatauglichkeit“ seiner Vorstellungen prüfen.

Die deutsch-französische Erklärung folgt - zum Teil wörtlich - den Vorgaben, die von den Unternehmen Veba und Cogema in ihrem gemeinsamen Memorandum vom 3.April gemacht wurden. Den darin genannten Zielen stimmten beide Regierungen zu. Nun heißt es: Die Wiederaufarbeitung westdeutscher Brennelemente in der Plutoniumfabrik UP 3 in La Hague ab 1999 „für einen Zeitraum von zunächst 15 Jahren“ und die Kapitalbeteiligung der Veba an dieser Anlage.

Nachdem die Firmen in ihrem Memorandum bereits angedroht hatten, der Dumping-Preis in La Hague würde sich bei einem erhöhtem Sicherheitsaufwand nicht halten lassen, bleibt es jetzt dabei, daß die radioaktiven Emissionen in Luft und Meer eben französische Angelegenheit sind: Sie bleiben „den jeweiligen nationalen Bestimmungen“ unterworfen. Davon unbenommen darf eine deutsch-französische Expertengruppe „Überlegungen“ zu Sicherheitsmaßnahmen „anstellen“, und bei der Veröffentlichung von Meßwerten wollen beide Länder „Fortschritte erzielen“.

In einem internen Papier hatten die Bonner Ministerien hingegen noch vor wenigen Wochen indirekt eingeräumt, daß der Sicherheitsstandard in La Hague nicht den bundesdeutschen Anforderungen entspricht.

Da mit dem gestrigen Kabinettsschluß die europäische Wiederaufarbeitung Teil des sogenannten „integrierten Entsorgungskonzepts“ der Bundesregierung geworden ist, gilt der Hinweis auf La Hague jetzt als Entsorgungsnachweis für den Betrieb bundesdeutscher Reaktoren.

Die Endlagerung, wie auch immer, bleibt jeweilige Angelegenheit beider Länder. Zusammenarbeiten wollen Bonn und Paris künftig nicht nur bei der Herstellung plutoniumhaltiger MOX-Brennelemente, sondern auch bei der Urananreicherung und bei Hochtemperaturreaktoren.

Wie die bundesdeutschen Verpflichtungen nach dem Atomwaffensperrvertrag in der Plutonium-Zusammenarbeit eingehalten werden sollen, blieb nach den gestrigen Erklärungen unklar. Die Atommacht Frankreich hat diesen Vertrag nicht unterzeichnet, und es habe bei den Gesprächen „unterschiedliche Interessenlagen“ gegeben, räumte das Auswärtige Amt ein.

Die Genscher-Behörde wollte angeblich deswegen eine zusätzliche Klausel gegen die Weiterverbreitung von Spaltmaterial einbauen; jedoch heißt es nun in der Erklärung nur lapidar, beide Länder verträten eine „aktive Politik der Nichtverbreitung“.

Gegenüber den internationalen Kontrollen ist nur Frankreich für La Hague verantwortlich, und Frankreich kann gemäß den Abkommen mit Euratom jederzeit Material für militärische Zwecke aus dem Kontrollprozeß herausnehmen. Die Menge Plutonium, die aus deutschen Brennelementen abgetrennt wird, läßt sich im Vorhinein nur ungefähr abschätzen. Im Auswärtigen Amt hieß es zu dieser Frage nur vage, man beabsichtige weitere Vereinbarungen für die Eingangs- und Ausgangskontrolle des Spaltmaterials.

Nach dem endgültigen Aus für Wackersdorf soll sich eine neue Kommission unter Federführung von Wirtschaftsminister Haussmann mit den „strukturpolitischen Auswirkungen“ in der Region befassen. Im Gespräch ist bisher eine Solarzellenfabrik in Wackersdorf. Hinsichtlich finanzieller Entschädigungen seien „zunächst“ die Energie-Unternehmen gefragt, sagte Regierungsprecher Klein gestern.

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