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USA: Erstes Atomkraftwerk durch Volksabstimmung stillgelegt

Washington (taz) - In einer Volksabstimmung haben sich am Dienstag die Wähler von Sacramento im US-Bundesstaat Kalifornien mit einer Mehrheit von 53 Prozent für die Stillegung des Rancho-Seco-Atomkraftwerks ausgesprochen. Dies ist das erste Mal in der Geschichte der Atomkraft, daß ein in Betrieb befindliches Kraftwerk durch Volksentscheid abgeschalten wird.

Die Entscheidung der 533.000 Wahlberechtigten des Regierungsbezirks Sacramento ist juristisch nicht anfechtbar, weil das Kraftwerk Eigentum des Regierungsbezirks ist. Die Wähler sind die Besitzer von Rancho Seco und haben somit das Recht, es für immer abzuschalten.

Das 15 Jahre alte Kraftwerk ist wegen einer Serie von Störfällen und hohen Betriebskosten schon seit Jahren umstritten. 1985 wurde Rancho Seco wegen eines Unfalls für 27 Monate abgeschaltet und für 400 Millionen Dollar repariert. Die Verbraucher zahlten für die Misere mit Strompreiserhöhungen von 80 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Trotzdem entschlossen sich die Wähler in einer Volksabstimmung vor einem Jahr, dem Kraftwerk noch eine Gnadenfrist zu geben. Doch Rancho Seco operierte weiterhin nur mit 38 Prozent seiner Kapazität. Um kosteneffektiv zu sein, müßte die Stromerzeugung aber mindestens bei durchschnittlich 60 Prozent liegen. Auch nach der Wiedereröffnung des Atomkraftwerks waren zahlreiche Schäden aufgetreten.

Kraftwerksgegner betonten in ihrer Kampagne, daß die Probleme mit fortschreitendem Alter des Atomkraftwerks nur noch zunehmen würden. Die Kraftwerksbetreiber unterstrichen wiederholt, daß Rancho Seco ein Sonderfall sei. Der Ausgang des Referendums werde sich nicht auf die gesamte amerikanische Atomkraftindustrie auswirken.

Trotzdem ließen die Betreiber 600.000 Dollar in die Kampagne gegen das Referendum fließen. Kraftwerksgegner hatten lediglich 125.000 Dollar zur Verfügung. Daniel Borsin von der Anti-Atomkraftgruppe „Public Citizen“ ist jedoch überzeugt, daß die Stillegung Rancho Secos ein schwerer Schlag für die Atomkraftindustrie ist. „Das Referendum zeigt, daß unsere zähen Bemühungen Erfolg haben. Wir haben frischen Wind in den Segeln. Das Beispiel wird Schule machen“, sagte er gegenüber der taz .

In Rancho Seco begannen am Mittwoch bereits die Vorbereitung für die Stillegung.

Silvia Sanides

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