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Die Würde des Frontschweins

■ Die Würde der Bundeswehr zu verletzen kostet 30 Tagessätze / Pazifistischer Ex-tazler Wiglaf Droste verurteilt / Bundeswehr bildet Mörder aus

Vor dem Landgericht Berlin fand gestern die zweite Auflage des Prozesses gegen den Ex-taz-Mitarbeiter Wiglaf Droste statt. Ihm wurden Volksverhetzung und Beleidigung der Bundeswehr vorgeworfen.

Bei dem inkriminierten Text handelt es sich um eine Bildunterschrift, erschienen auf der taz-Medienseite (am 9.10.87), abgefaßt in drastischer Hau-drauf-Polemik. Von „Wehrsportgruppe Wörner“ und „krimineller Vereinigung“ ist darin wehrkraftzersetzend die Rede, von Soldaten, die vom Menschen zum Schwein gemacht werden, noch dazu bei einem IQ unter zehn. „Niedriger als eine Schlammamöbe“, giftete nuschelnd der Staatsanwalt.

Wiglaf Droste verteidigte sich mit seiner durch und durch pazifistischen Gesinnung und bescheinigte der Bundeswehr „moralische Degeneration“, da sie Menschen zu Mördern ausbilde. Ein spontan aus dem Zuschauerraum aufgetretener Zeuge, Ex-Bundeswehrsoldat, beeidete zusätzlich (bei Gott, dem Allmächtigen), daß Ausdrücke wie Frontschwein allerdings zum militärischen Umgangston gehören.

Drostes Verteidiger Christian Ströbele rief als weiteren Zeugen den Schriftsteller Kurt Tucholsky auf, was das literarisch eher uninteressierte Gericht allerdings nicht gelten lassen wollte. Es sah jedoch ein, daß das „Menschentum der Soldaten“ durch Wiglaf Drostes Text nicht beeinträchtigt werde; der Vorwurf der Volksverhetzung wurde daraufhin vom gericht fallengelassen.

Allerdings sei die Bundeswehr in ihrer Würde beleidigt worden. Das Urteil der ersten Instanz (100 Tagessätze) wurde aufgehoben, das neue Urteil lautet auf 30 Tagessätze.

Katharina Döbler

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