: Nicht in Watte packen
■ Hat ein Kultusminister im Aufsatz das Thema verfehlt? Heute Entscheidung über „Bundesliga-Reform“?
Berlin (taz) - Was wird heute werden aus der vom VfB -Präsidenten Mayer-Vorfelder (MV) so sehr gepowerten Bundesliga-Reform, zu der es so vielfältige Meinungen gibt? (Beckenbauer: „Ein Beschluß von Ahnungslosen.“ Schiedsrichter-Obmann Malka: „Wir müssen die Suppe auslöffeln.“ Klinsmann: „Im Deutsch-Aufsatz würde man sagen
-Thema verfehlt.“ Torwart Illgner: „Es gibt so viele negative Punkte, es sollte gar nicht versucht werden.“)
Die meisten Präsidenten der Proficlubs jedenfalls haben sich durch die öffentliche Diskussion nicht irritieren lassen und wollen die Idee auch weiterhin durchziehen: Von der kommenden Saison an sollen in der 1. und 2.Bundesliga Hin- und Rückspiele an direkt aufeinanderfolgenden Spieltagen stattfinden, der Gesamtsieger (errechnet wie beim Europapokal; zur Not Elfmeterschießen) bekommt einen Punkt extra. Fußball soll damit spannender, die Stadien wieder voller werden.
Die Sorge der Profi-Oberen: Der heute entscheidende DFB -Beirat (62 stimmberechtigte Mitglieder) ist mehrheitlich von Vertretern der Amateurvereine besetzt. Weshalb wieder mal mit der schon lange schwelenden Trennung gedroht wird. Ex-HSV-Präsident Klein jedenfalls schließt nicht aus, „daß wir uns möglicherweise künftig nicht mehr in dem Maße nach den für den bezahlten Fußball sicherlich ungünstigen Statuten richten würden“.
Ihren Kritikern haben die Reform-Fans bislang nur Plattitüden entgegenzusetzen. Von „Handlungsbedarf“ ist die Rede, man dürfe nichts „auf den Stankt-Nimmerleinstag verschieben“ (MV, Kultusminister in BaWü). Zu den von vielen Fachleuten befürchteten Aggressionen unter rivalisierenden Fans weiß der Hamburger Klein nur trocken: „Wir füllen die Stadien nicht damit, daß wir alles in Watte packen.“ Und eine „Kompromißmöglichkeit“ sieht er nicht.
Der DFB-Beirat könnte sich trotzdem elegant aus der Affäre ziehen, indem er das Problem an den Bundestag des DFB weiterreicht, eine Taktik, von der Gladbach-Manager Grashoff ausgeht. Dann könnte aus Termingründen bestenfalls zur Saison 90/91 mit dem neuen Modus begonnen werden.
Teamchef Beckenbauer jedenfalls, dem Mayer-Vorfelder wegen seiner defätistischen Äußerungen ganz arbeitsrechtlich mit einer Abmahnung kommen wollte, möchte in Frankfurt dabeisein: „Ich lasse mir dieses Schauspiel nicht entgehen.“
-thöm
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