: Brillen per Computer
■ Elektronische Anpassung nach 50 Kriterien: Haarfarbe, Gesichtsfeld, Anatomie
Die Brille der 90er Jahre hat keine Schrauben oder andere Metallteile mehr, sondern ist ganz und gar aus Plastik und wird elektronisch „vermessen“ - zumindest, wenn es nach den Vorstellungen des gebürtigen Österreichers Wilhelm Angerer geht.
„Heute sind Brillen doch nur Prothesen, die bei jeder Gelegenheit von der Nase rutschen“, kritisierte Angerer. Der Erfinder strebt stattdessen eine optimale Plazierung der Linse vor dem Auge an. Dazu wird vor der eigentlichen Fertigung der Brille das Gesichtsfeld der künftigen TrägerIn nach 50 Kriterien vermessen. Durch diesen Vorgang werden die individuellen anatomischen Merkmale von Kopf und
Gesicht mit Hilfe von zwei Videokameras dreidimensional erfaßt und auf einen Bildschirm übertragen. Die computergestützte Vermessung wird ergänzt durch die Eingabe der Dioptrin-Werte für die Augengläser. Darüber hinaus berücksichtigt der Computer die Haarfarbe und die Gesichtform der BrillenträgerIn.
Das Ergebnis ist eine Brille, deren Gläser in Form und Größe auf individuelle Gesichtsmerkmale abgestimmt sind und die einwandfrei auf der Nase sitzt, verspricht Angerer. Der ganze Vorgang dauert etwa 15 Minuten und erfolgt bei der OptikerIn vor Ort. Die vom Computer errechnete „optimale“ Form der Brille wird auf einem Bildschirm für die Kun
dIn - nach Bedarf mit Alternativen - sichtbar gemacht.
Die ermittelten Daten werden über eine Telefonleitung zu einem Zentralcomputer nach Stuttgart übermittelt, der die endgültigen „Bauvorschriften“ der Brille ausdruckt. Die Fertigung erfolgt ebenfalls in Stuttgart. 30 Millionen Mark hat der Erfinder nach eigenen Angaben in die Entwicklung des Systems investiert. Angeboten wird die „Maßgeschneiderte“ bereits in den Vereinigten Staaten und Japan. Der Einstieg in den europäischen Markt ist für das laufende Jahr geplant. Sogar ohne Berücksichtigung der Gläser sei etwa mit einem Grundpreis um 500 Mark zu rechnen.
Michael Mattes/dpa
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