: „Natur heißt nicht gesund“
■ Ausbildung für „GesundheitslehrerInnen“ an der Universität Osnabrück mit Zukunft
„Wir haben Bio-Kosmetik getestet und festgestellt, daß sie zu allergischen Reaktionen, sogar zu Hautkrankheiten führen kann“, erklärte der Dermatologe und Gesundheitstheoretiker Professor Dr. Hans Joachim Schwanitz in Osnabrück. Gemeinsam mit vier Professoren der Medizin, der Toxikologie, Pharmakologie und Wirtschaftspädagogik gehört er der Arbeitsgruppe „Gesundheitswissenschaften“ an der Universität Osnabrück an. Neben Hamburg ist Osnabrück die einzige Hochschule in der BRD, die eine Ausbildung in Gesundheit und Körperpflege anbietet.
„Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan, dennoch wird die Forschung fast ausschließlich der Industrie überlassen“, kritisierte Dr. Schwanitz. Auf einem interdisziplinären Ansatz wollen die Osnabrücker Wissenschaftler zum Beispiel schädigende Wirkungen von Haarfärbemitteln, Seifen und selbst hergestellter Naturkosmetik untersuchen.
Der Toxikologe und Pharmokologe Professor Dr. Niels-Peter Lüpke bedauert, daß aus Angst vor den Nebenwirkungen der Chemie „viele blind auf der Bio-Spur mitlaufen“. Dabei seien manche pflanzlichen Stoffe bis zu 30.000 mal giftiger als das hochgefährliche Dioxin. Bis Anfang der 80er Jahre seien zum Beispiel nur Imker von einer Allergie betroffen gewesen, die von einer Kippsubstanz für Bienenwaren herrührt. Seitdem die Kosmetikindustrie den angeblich hautverjüngenden Bienenextrakt entdeckt hat, seien allein in Hamburg aus 40 erkrankten Bienenzüchtern 170 Allergiefälle geworden. Professor Lüpke: „Es ist ein großes Mißverständnis, Natur mit Gesundheit gleichzusetzen.“
Da die Medizin vorrangig Krankheiten heilt, ist es nach Ansicht der Osnabrücker Wissenschaftler unbedingt erforderlich, eine Gesundheitswissenschaft aufzubauen, die ein allgemeines Wissen über gesunde Lebensfüh
rung und die Vorbeugung von Krankheiten vermittelt.
Die ersten 22 „Gesundheitslehrer“, die ihre Ausbildung an dem 1982 in Osnabrück eingerichteten Studiengang für das Lehramt an berufsbildenden Schulen abgeschlossen haben, sind komplett in den Schuldienst übernommen worden. Für die 250 Studenten, die derzeit Gesundheit oder Körperpflege in Osnabrück studieren, sehen die Berufsperspektiven ebenfalls gut aus, so Professor Schwanitz.
Doch nicht nur in den Schulen werden die medizinisch-, naturwissenschaftlich- und pädagogisch ausgebildeten Akademiker gebraucht. Bis auf Landkreisebene werden Umwelttoxikologen gesucht. Gesundheitserziehung und die Betreuung von Selbsthilfegruppen sind immer wichtiger werdende Aufgabenfelder. Die Osnabrücker Gesundheitswissenschaftler planen deshalb einen Ausbau ihrer Studiengänge. dp
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