piwik no script img

Quod vidis, Einschaltquotenfrau?

Jede Menge Klappstühlchen, Thermoskannen und Sonnenbrillen. Dazu ihre Besitzer. Zu Tausenden drängten sie sich auf der Schleswig Holsteinischen Sehenplatte, denn: „Fernsehen macht einsam“, hatten sie gehört. Es isoliert den Menschen von seinesgleichen, macht ihn ganz stumm und dumm. So konnte es nicht weitergehen - da waren sich die Massen einig. „Wir gucken jetzt zusammen, alle Mann, und zwar in einen Apparat.“

„Was Mann -? Was Apparat -?“, schrie eine Frau. „Und wir? Wir kommen wohl wieder mal nicht vor.“ Da kratzten sich die Männer hinterm Kopf, und hie und da wurde Murren laut: „Oh, diese Weiber“, hieß es, oder „schalt ab, das Quasseln“. Aber so einfach war das nicht. Mit Fernbedienung war hier nichts auszurichten. „Wirst sehen“, wisperte ein Mann, „gleich kommen sie mit Quotierung.“ Und richtig: „Ehe man uns nicht zu fünfzig Prozent am Sehen beteiligt, läuft gar nix“, drohten zwei Frauenstimmen von links hinten.

Nun wußte aber niemand, in welchem Prozentverhältnis die Frauen zu den Männern standen. „Machen wir eben Hammelsprung“, schlug einer der Männer vor. „Schafssprung heißt das!“, schrien die Frauen. Und so trennten sich die Hammel von den Schafen, bis man erkennen konnte: die Hammel waren mal wieder in der Überzahl. Was tun? „Einschalten, und zwar mit dreifacher Quotierung“, begann eine der Frauen zu sinnieren. „Und das bedeutet?“, wollten die Männer wissen. „Also: Wenn die Männer eine Sendung sehen, gucken wir in der gleichen Zeit drei mal drei Sendungen an...“ „Und erklären uns hiermit zu Einschaltquotenfrauen“, riefen die Umstehenden triumphierend. Seither forschen Medienwissenschaftler fieberhaft: Was ist der Fluch der Einschaltquotenfrau und was ihr Segen?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen