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Zentralbanken machtlos

 ■ AM WECHSELTRESEN

Tokio (dpa) - Der sensationelle Kursanstieg des Dollar gegenüber dem Yen und in etwas geringerem Maß auch gegenüber der D-Mark und anderen wichtigen Währungen hat nach Überzeugung von Devisenhändlern in Tokio eine Dynamik entwickelt, die Interventionen der Zentralbanken weitgehend wirkungslos macht. Am Montag lag der Schlußkurs in Tokio bei 148,40 Yen, 4,90 Yen höher als am Freitag. Mit dem Verkauf von mehreren hundert Millionen Dollar zur Kursstützung erreichte die japanische Zentralbank nur, daß der Kurs der US-Währung nicht noch weiter stieg.

Der größte Teil des Kurssprungs war am Freitag in New York, nach der Schließung der Devisenmärkte in Tokio, mit einer Steigerung des Dollarkurses um 3,55 Yen schon vorweggenommen worden. Als unmittelbarer Auslöser galt dort eine unerwartet steile Steigerung der US-Großhandelspreise, die eine bis dahin befürchtete Senkung der amerikanischen Leitzinsen für die unmittelbare Zukunft praktisch ausschloß, damit die Inflation über niedrige Zinsen nicht noch weiter angeheizt wird. Der Dollar bleibt daher als Anlagewährung zinsattraktiv.

Erneut also feiert das „Dollar-Paradoxon“ fröhliche Urstände: Die Inflation sorgt für einen starken Außenwert. Doch Kommentare von Währungsfachleuten über das Wochenende und am Montag zeigten auch viele andere Ursachen für den gegenwärtigen Trend, und sie lassen seine Fortsetzung sehr wahrscheinlich aussehen. Das größte Gewicht hat ohne Zweifel die allgemeine Erwartung, daß der Dollar noch weiter steigen wird und daß Dollar-Käufe damit beträchtliche Spekulationsgewinne versprechen. Die riesigen Summen, die auf diese Weise an den Devisenmärkten eingesetzt werden, lassen die gegengerichteten Interventionen zwergenhaft erscheinen, auch wenn Hunderte von Millionen an Dollar von den Zentralbanken eingesetzt werden. Japans Finanzminister Tatsuo Murayama beschwor auch am Montag wieder die währungspolitische „Kooperation“ mit anderen großen Industrienationen, aber die Bank von Japan blieb mit ihren Dollar-Verkäufen offensichtlich weitgehend allein.

Dazu kommt, daß Japans politische Situation auch nach der Ernennung von Sosuke Uno zum neuen Regierungschef und nach dem Abschluß der Untersuchungen im Korruptionsskandal um den Recruit-Konzern, der seinen Vorgänger Noboru Takeshita das Amt gekostet hatte, von den meisten Analytikern keineswegs als stabil betrachtet wird. Zu den politischen kommen wirtschaftliche Probleme, vor allem als Resultat der schweren Unruhen in China.

Das alles hat dazu beigetragen, daß der Yen im Augenblick als schwächstes Glied in der Kette der Währungen gilt, die alle im Vergleich zum Dollar Kurseinbußen hinnehmen mußten. Und trotz der Warnungen der Bank von Japan, daß die Kursentwicklung wegen der nach wie vor bestehenden riesigen Defizite im Budget und im Außenhandel der USA ungerechtfertigt seien, ist das Ganze ein erneuter Sturzbach auf die Mühlen der Kapitalismus-Apologeten, wie sie in der Ausprägung wohl nur in den USA vorkommen. Der US-Analytiker David Bostian beschrieb das im 'Wall Street Journal‘ so:

„Was im Grundsatz überall auf dem Globus passiert, ist, daß der Kapitalismus triumphiert und daß die USA im allgemeinen und die finanziellen Aktiva der USA im besonderen für die siegreiche Philosophie repräsentativ sind.“

Der US-Dollar eröffnete am Montag in Frankfurt bei lebhaftem Geschäft sehr fest mit ersten Kursen von 2,0275 DM. Das Pfund begann mit 3,1080 DM, der Schweizer Franken mit 1,1530 DM. Die ersten Goldnotierungen lagen mit 357,80 Dollar deutlich schwächer als am Freitag, wie immer, wenn der Dollar steigt.

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