: Tödlicher Fehler der Polizei?
LKA-Bericht zur Gladbecker Geiselaffäre: Falscher Rammstoß führte vermutlich zum Tod der Geisel ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Die von dem Gladbecker-Geisel-Gangster-Trio gekidnappte Silke Bischoff hätte nach vertraulichen Berichten aus dem Düsseldorfer Landeskriminalamt und dem Kölner Polizeipräsidium vermutlich überlebt, wenn bei dem Finale auf der Autobahn das Rammen des Fluchtfahrzeuges nicht schiefgegangen wäre. Die entsprechenden Protokollauszüge finden sich in dem Zwischenbericht des Düsseldorfer U -Ausschusses, der vom Vorsitzenden Heinz Lanfermann (FDP) formuliert wurde.
Wie bedeutungsvoll die mißlungene Rammaktion für den Ausgang des Geiseldramas war, ist offiziell bisher immer verschwiegen worden. Zwar hatte Innenminister Herbert Schnoor in einem Bericht eingeräumt, daß das Rammen wegen des Anfahrens des Fluchtfahrzeuges nicht im vorderen Seitenbereich des Zielfahrzeuges erfolgte - ohne allerdings die Folgen zu nennen.
In dem vertraulichen Polizeibericht heißt es dazu: „Dadurch änderte sich der gedachte Verlauf des Zugriffs: Der Täter Rösner wurde nicht, wie beabsichtigt, in dem gewünschten Maße beeinträchtigt. Das gepanzerte Rammfahrzeug prallte nicht weit genug nach vorn ab, so daß die Fahrzeuge des SEK etwas zu weit hinten zu stehen kamen und die Beamten schräg von hinten, nicht im idealen 90-Grad-Winkel auf die Fahrertür feuern mußten...“
Der tödliche Schuß auf Silke Bischoff sei, so das LKA, „nachweislich“ aus Rösners Waffe abgegeben worden. „Dadurch erhält die Vermutung Nahrung, daß die Geisel Silke Bischoff überlebt hätte, wenn Rösner durch den Rammstoß wirksam ausgeschaltet worden wäre“. Das „Anfahren des Fluchtfahrzeuges“, so der Berichtes, „scheint ein maßgeblicher Faktor für den Tod der Geisel gewesen zu sein“.
Daß die Gangster den Wagen überhaupt wieder starten konnten, hängt mit der mangelnden technischen Ausstattung der Polizei zusammen.
Zwar verfügte das den Tätern untergeschobene Fluchtfahrzeug über eine per Funk auszulösende Zündunterbrechung, aber ein entsprechender Impulsgeber befand sich nicht in den unmittelbar am Zugriff beteiligten SEK-Fahrzeugen. Zudem war das Fluchtfahrzeug nicht mit den neuesten technischen Mitteln auf die sogenannte „Funktion 037“ hochgerüstet worden, wozu z.B. Die Präparierung mit im Wageninnern zündbaren Blendsprengkörpern gehört.
Dazu heißt es in einem LKA-Bericht: „Nach übereinstimmender Meinung aller beteiligten MEK-Kräfte hätte sich für die Lösung dieser Lage (Gladbecker Geiselnahme, d.R.) der Einsatz eines Fahrzeuges in der Funktion 037 angeboten und mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Erfolg geführt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen