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Berufsehre gerettet

■ Aktionspolitologe Kunzelmann vom Vorwurf der falschen Anschuldigung freigesprochen / Im ersten Prozeßdurchgang war ein Urteil von drei Monaten Haft auf Bewährung erfolgt

„Eine falsche Anschuldigung gehört nicht zum Repertoire eines Aktionspolitologen“, hatte der Angeklagte Dieter Kunzelmann (49) vor einem Jahr vor dem Moabiter Amtsgericht beteuert. Vergeblich, denn das Amtsgericht glaubte lieber den Aussagen der Polizeizeugen - insbesondere der des Beamten Thomas M. - und verurteilte Kunzelmann wegen falscher Anschuldigung zu drei Monaten Haft auf Bewährung. Kunzelmann ließ das aber nicht auf sich sitzen und legte durch seinen Anwalt Ehrig Sprungrevision beim Kammergericht ein, das in dem Urteil auch prompt einen Rechtsfehler erkannte und den Prozeß deshalb zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwies. Seit gestern ist Kunzelmanns Berufsehre wiederhergestellt: Er wurde freigesprochen.

Um den Hintergrund des Verfahrens - das eigentlich nur der Wurmfortsatz zweier anderer Prozesse ist - zu verstehen, muß man bis zum Juni 1987 zurückgehen: Seinerzeit wurde Kunzelmann bekanntlich per Haftbefehl gesucht, weil er sich aus dem damals gegen ihn und drei taz-Redakteure anhängigen Prozeß um ein Interview, in dem er den CDU/FDP-Senat im Zusammenhang mit dem Bauskandal eine „kriminelle Vereinigung“ genannt hatte, aus dem Staub gemacht hatte. Am 26. Juni hatte er seine Festnahme initiiert, indem er zu einem Empfang des schwedischen Ministerpräsidenten Carlsson im Rathaus Schöneberg mit einem Toupet verkleidet für kurze Zeit das Rednerpult in Beschlag nahm und daraufhin vom damaligen Regierenden Diepgen in ein Handgemenge verwickelt worden war. Kunzelmann war daraufhin von mehreren Polizisten abtransportiert worden und hatte den Beamten Thomas M. wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt, weil er von diesem in die Rippen getreten worden sei. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren gegen M. schnell eingestellt und statt dessen gegen Kunzelmann Anklage wegen falscher Anschuldigung erhoben.

Wie schon beim ersten Prozeß erklärten die Polizeizeugen auch dieses Mal wieder, den seinerzeitigen Abtransport Kunzelmanns nicht lückenlos beobachtet und keinen Fußtritt gesehen zu haben. Thomas M. - er war unlängst im Fernsehen zu sehen, wie er dem Bundesvorsitzenden der „Republikaner“, Schönhuber, am Berliner Wahlabend in dienstlichem Auftrag als Personenschützer sehr engagiert den Weg durch die Menge gebahnt hatte - bestätigte, damals die ganze Zeit an Kunzelmann „dran“ gewesen zu sein. Daß es dabei aber zu einer Berührung mit dem Fuß gekommen sei, schloß der dem Kickboxen verbundene Beamte aus. Das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Sprotte begründete den Freispruch damit, daß ein Tritt nicht auszuschließen sei. Es sei schon „recht merkwürdig“, daß der Tritt von keinem Beamten beobachtet worden sei, was „möglichwerweise“ daran liege, daß die Beamten ihren Kollegen „decken wollten“. Denn, so Sprotte: „Ein Beamter, der einen solchen Tritt gesehen hat, der dürfte sich seines Dienstes in Berlin wohl kaum noch erfreuen.

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