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CDU und FDP für lange Leitung

■ Bonner Koalition über Senatskritik am Stromvertrag empört Senatorin Pfarr im Bundestag: Vertrag darf nicht tabu sein

Politiker von CDU/CSU und FDP haben gestern in Bonn den Berliner Senat davor gewarnt, den Vertrag über Stromlieferungen aus dem Bundesgebiet zu kündigen. In einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde im Bundestag nannten sie das Abkommen, an dem auch die DDR beteiligt ist, einen wichtigen Beitrag zur Normalisierung der Lage Berlins, zur Senkung der Strompreise und zum Umweltschutz in Berlin und der DDR.

Abgeordnete von SPD und Grünen sowie die Berliner Bundessenatorin Heide Pfarr (SPD) verteidigten dagegen die Überprüfung des Vertrages unter energie- und umweltpolitischen Gesichtspunkten. Dies war in der Koalitionsvereinbarung von SPD und AL verabredet worden, ist aber auch in der Berliner SPD umstritten. Senatorin Pfarr bekräftigte gestern jedoch, der Stromvertrag dürfe nicht tabu sein.

Wie mehrfach berichtet, sieht der zwischen der Bewag, der westdeutschen Preußen Elektra und der DDR-Gesellschaft Intrac geschlossene Vertrag Stromlieferungen von jährlich einer Milliarde Kilowattstunden nach Berlin vor. Vor allem die AL fürchtet, daß der Stromvertrag eine ökologische Energiepolitik in Berlin blockiert. Der westdeutsche Billigstrom würde, so die Kritik der AL, das Energiesparen behindern und im Widerspruch zu dem Ziel einer rationellen und dezentralen Stromerzeugung stehen. „Weite Kreise der Berliner Bevölkerung“ würden es außerdem „nicht hinnehmen“, sagte der grüne Abgeordnete Daniels gestern im Bundestag, daß ihr „enges Stadtgebiet“ durch eine neue Stromleitung noch weiter zugebaut werde. Eine Stromtrasse sei - wenn überhaupt - nur unterirdisch durchsetzbar. Dadurch werde der Vertrag auch wirtschaftlich unsinnig.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Erich Riedl (CDU) erklärte dagegen, die Bundesregierung begrüße das Stromabkommen. In „ureigenstem Interesse Berlins“ sollte der Senat nicht daran rütteln. Sollten als Folge der Senatspolitik die Berliner Strompreise weiter steigen, könne Berlin nicht mit Bonner Ausgleichszahlungen rechnen, drohte Riedl. Der FDP -Vorsitzende Graf Lambsdorff meinte, die Deutschlandpolitik stehe vor einer schweren Niederlage, wenn der Vertrag gekündigt würde. Die DDR werde kein zweites Mal zu einem solchen „ökonomischen Brückenschlag“ bereit sein.

ap/dpa/taz

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