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Was nach dem Uni-Streik kam

■ Verbesserungen für Frauen und zähes Ringen um 'ungesetzlich viertelparitätische‘ Kommissionen

Die StudentInnen der Hochschule Bremen streiken nachhaltig, an der im Wintersemester streikbelebten Universität ist nachhaltige Ruhe eingekehrt. „Bei manchen,“ sagt der Mathematikstudent Reiner Heldt „habe ich das Gefühl, die schämen sich, daß sie mal gestreikt haben.“ Kongreß und Veranstaltungswoche, auf denen eine andere Hochschule gedacht werden sollte, waren Reinfälle. Übergeblieben aus Streiktagen sind Verbesserungen für Frauen: mehr „Hilfskräfte“, 21 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, Wiedereinstiegsstipendien für Frauen, die die Wissenschaft der Familie opferten. Und: Es gibt, seit Anfang

März, die viertelparitätisch besetzte zentrale Kommission, aus je vier ProfessorInnen, wissenschaftlichen und sonstigen MitarbeiterInnen und StudentInnen, entsprechendes an den Fachbereichen. In ihnen sind Professoren machtloser, als das Hochschulrahmengesetz erlaubt, für Entscheidungsgremien. Sie sollen deshalb, hatte Rektor Timm den Streikenden versprochen, in allen Universitätsbelangen mitzureden haben. Und am 11. 6. verlangt der Präses der Handelskammer, Dieter H. Berhöfer, gegenüber dem Kurier am Sonntag, der Wissenschaftssenator Horst-Werner Franke müsse „diese ungesetzlichen Beratungsgremien ab

schaffen.“ Der Senator stellte klar, daß es sich nur um Diskussionszirkel handle, sicherte allerdings Professoren „jede Hilfe“ zu, sollten sie, unter Druck gesetzt werden, Beschlüsse der „Zirkel“ zu übernehmen. Denn Beschlüsse der Kommissionen müssen von den gesetzlichen Gremien übernommen werden, sollen sie denn gelten.

Mehr als diese Geisterseher macht den StudentInnen und wissenschaftlichen MitarbeiterInnen das Desinteresse derer zu schaffen, die sie vertreten. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Doris Hülsmeyer hat inzwischen ihren Rücktritt erklärt, weil sie deshalb für eine sinnvolle Arbeit der zen

tralen Beratungskommission keine Basis mehr sieht. Die StudentInnen, zwei Männer, zwei Frauen, haben zwar eine Wiederbelebung der vor Jahren abgeschafften Tutoren durchgesetzt, die allerdings „Hilfskraft“ heißen müssen, weil Tutor an die furchtbare rote Universitätsgeschichte erinnert. Bei den Fachbereichen können jetzt veranstaltungsgebundene, aber auch selbständige Einführungsveranstaltungen beantragt werden. Aber: die Resonanz unter den StudentInnen sei gering, sagt Reiner Heldt, eines der vier studentischen Kommissionsmitglieder. Die machen dennoch weiter, aber nicht so wie bisher. Bisher hat sich die Kommis

sion mit der Verteilung der auf Bremen entfallenden jährlichen 2 Millionen des Möllemann-Programmes auf die Überlastfächer beschäftigt. D.h. die drei Verwaltungsfachleute für Hochschulentwicklungsplanung hätten sie mit Papier und besserem Wissen zugeschüttet. „Die wollten uns einlullen,“ sagt Heldt. Mit dem Abarbeiten der Papiere der Verwaltungs-Fachleute ist nun Schluß. Die vier StudentInnen haben deshalb Schwerpunkte für einen Hochschulentwicklungsplanung ausgearbeitet, die sie in der nächsten Sitzung, am 28. Juni auf den Tisch legen wollen. Darin greifen sie z.T. Plandaten genau so aus der Luft wie das vom AS verab

schiedete „Modell 2010“, in dem die politisch befohlene Schrumpfung auf je 110 sozial-und naturwissenschafltiche Professoren kleingearbeitet wird. Es wird aber die Richtung einer alternativen Stellenplanung umrissen, in der z.B. bei den E-TechnikerInnen die Mikroelektronik ergänzt werden soll durch die „integrierte Technikfolgenabschätzung“ und die Behindertenpädagogik durch die die Genforschung. Gefordert werden zudem interdisziplinäre Projekte z.B. zur Rüstungskonversion. „Wir wollen damit den Konflikt provozieren“, sagt Reiner Heldt, und hofft damit auch wieder auf Diskussion an der Uni.

Uta Stolle

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