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Contra-Chef mausert sich zum Sozialdemokraten

Alfredo Cesar, ehemaliges Mitglied der Contra-Führung, kehrte nach Nicaragua zurück und übernahm den Vorsitz der Sozialdemokratischen Partei / Wird Violeta Chamorro, Witwe des von Somoza 1978 ermordeten Verlegers, Präsidentschaftskandidatin der Opposition?  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Nicaraguas Opposition ist um einen Caudillo reicher: Alfredo Cesar, am 11. Juni erst aus dem Exil zurückgekehrt, wurde am vergangenen Donnerstag zum Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei (PSD) gekürt. Tags darauf wollte er bereits im Flugzeug nach Stockholm sitzen zum Kongreß der Sozialistischen Internationalen. Cesar mußte jedoch den abgelösten Parteichef Guillermo Potoy alleine reisen lassen, das Meldeamt hatte ihm selbst noch keinen Reisepaß ausgestellt.

Der bisher parteilose Ökonom Cesar, der aus dem Contra -Direktorium übergangslos in den Parteivorsitz der PSD umgesattelt hat, gibt sich zuversichtlich, daß er der Partei die lange verwehrte Aufnahme als Vollmitglied der Sozialistischen Internationale ermöglichen wird.

Obwohl sich Cesar offensichtlich der Unterstützung einflußreicher lateinmamerikanischer Sozialdemokraten versichert hat, wird die Entscheidung über die Aufnahme nicht ohne heftige Debatten gefällt werden. Denn wie Willy Brandt 1984 bei einem Besuch in Nicaragua konstatierte: „Von sozialdemokratischen Grundsätzen hat diese Partei wenig Ahnung.“ Sollte Cesars Plan aufgehen, würde die PSD, die neben den Rechtsparteien immer ein Schattendasein gefristet hat, innerhalb des Oppositionsblocks enorm aufgewertet werden. Sie gehört der „Gruppe der 14 Parteien“ an, die am 8. Juni in „Nicaraguanisches Oppositionsbündnis“ (UNO) umgetauft wurde - also denselben Namen annahm, den sich vor vier Jahren die Vereinigte Contra gegeben hatte. Die UNO will bis Ende Juli ihre gemeinsame Plattform und kurz darauf ihre Einheitskandidaten für Präsidentschaft und Vizepräsidentschaft bekanntgeben. Bis dahin müssen aber noch Flügelkämpfe ausgefochten werden. Denn nicht einmal über so grundsätzliche Dinge wie einen Wahlboykott, „falls die Regierung den Obersten Wahlrat nicht umstrukturiert“, herrscht Einigkeit. Eine derartige Drohung, vorgebracht von Jaime Bonilla von der „Unabhängigen Liberalen Partei“ (PLI), ist für andere nicht mehr als „eine persönliche Meinung“. Der Oberste Wahlrat, den die UNO-Leute gerne modifiziert sehen würden, ist Anfang Juni vom Parlament auf der Grundlage dreier Vorschläge von Regierung und Opposition gewählt worden. Er besteht aus je zwei Vertretern der regierenden FSLN und der Opposition sowie einem unparteiischen „Ehrenmann“. Für den „fundamentalistischen“ Flügel innerhalb der UNO steht nur einer der beiden Oppositionellen zur Debatte, nämlich Guillermo Selva von der PLI. Der andere, Aman Sandino, gehört der Konservativdemokratischen Partei an, der zweitstärksten Kraft im Parlament. Der Unparteiische, ein Jurist namens Rodolfo Sandino, gehört zwar seit Jahren der Konservativen Partei an. Doch die Hardliner der Opposition halten ihn für einen verkappten Sandinisten. Er hatte die jüngsten Studentenvertretungswahlen organisiert, bei denen nicht einmal die Ultrarechten ein Haar in der Suppe finden konnten. Der sandinistische Studentenverband gewann viermal mehr Stimmen als die oppositionellen Gruppen.

Luiz Guzman von der christlich-sozialen Volkspartei (PPSC), die auch der UNO angehört, zweifelt gar nicht an der Ehrenhaftigkeit der Mitglieder des Wahlrats. Das Problem sei vielmehr, daß sich die Sandinisten nicht an ein Abkommen mit der UNO gehalten hatten. Danach hätten beide Vertreter der Opposition aus den Reihen der UNO kommen sollen, und der Ehrenmann wäre vor der Parlamentsabstimmung einvernehmlich festzulegen gewesen.

Ein Wahlboykott würde innerhalb des Oppositionsbündnisses schwer durchzusetzen sein. Zuviele Leute haben bereits Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur. Wirkliche Aussichten auf Zustimmung aller 14 Parteien, die von den Kommunisten bis zu den extremen Rechten reicht, hat nur eine Handvoll Personen. Die besten Karten dürfte derzeit die Verlegerswitwe Violeta Chamorro haben, deren Vorzüge ihre internationale Bekanntheit und ihre Parteilosigkeit sind. Außerdem verfügt sie mit dem Kampfblatt 'La Prensa‘ über das Organ, das ein Meinungsmonopol innerhalb der Rechten beansprucht. Sie war nach der Ermordung ihres Ehemannes, der die bürgerliche Opposition gegen Somoza angeführt hatte, in dessen Fußstapfen getreten. Ihre Freunde sehen in „Dona Violeta“ eine nicaraguanische Corazon Aquino, ihre Gegner vergleichen sie mit Isabel Peron. Anders als die argentinische Caudillo-Witwe würde sie jedoch nicht im Schatten der Armee stehen, sondern des Unternehmerverbandes Cosep. Dessen ehemaliger Chef, Enrique Bolanos Geyer, wird nämlich als Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt.

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