: Nur wenige Verurteilungen
Schwer zu fassen ist der „Mißbrauch“ statistisch: Angezeigt wurden 1987 bundesweit 10.085 „versuchte und vollendete Fälle von Mißbrauch.“ Hinzugezählt werden müssen schätzungsweise 500 Fälle von „Beischlaf zwischen Verwandten“, sowie rund weitere 400 Fälle von „Sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen“. All diese Vergehen werden laut Strafgesetzbuch mit unterschiedlichen Paragraphen behandelt. Dabei schließt der sexuelle Mißbrauch zum Teil auch Exhibitionismus mit ein. Vor zehn Jahren noch lagen diese greifbaren statistischen Zahlen um die Hälfte höher, was Experten auf den Rückgang der Kinderzahlen und die veränderte Altersstruktur zurückführen.
Die Dunkelziffer im Bereich des sexuellen Mißbrauchs wird vom BKA mit einem Verhältnis von 1:5 zwischen angezeigten und nichtangezeigten Fällen angenommen. Beim Inzest schätzen die Kriminalexperten ein Verhältnis von 1:20 bis zu 1:50. Schattenriss und vergleichbare Initiativen rechnen bundesweit jährlich mit 300.000 mißbrauchten Mädchen und Frauen.
In Bremen wurden 1986-88 jährlich 150 bis 180 Fälle angezeigt. Davon wurden in einem Jahr z.B. 111 Verfahren eingestellt, 28 Fälle wurden abgeurteilt und endeten mit 2 Freisprüchen, 10 Haftstrafen und 9 Verfahren mit „Aussetzung nach § 56“, der Rest mit Verwarnung oder Geldbuße.
Und während die Beraterinnen häufig von Wiederholungstaten hören, erfaßt das Gericht den sog. „Rückfall“ seit Abschaffung des entsprechenden Paragraphen nicht mehr.
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