: Stoltenberg langt kräftig zu
■ Verteidigungsministerium erhält 1990 etwa 1,7 Milliarden Mark / Bundeshaushalt wird um 3,4 Prozent auf 300 Milliarden Mark anwachsen / Neuverschuldung beträgt 33 Milliarden
Bonn (dpa) - Die Bundesregierung und die angegliederten Behörden dürfen im nächsten Jahr etwas über 301 Milliarden Mark ausgeben, rund 3,4 Prozent oder zehn Milliarden Mark mehr als in diesem Jahr. Das ergeben die fast fertigen Vorarbeiten für den Bundesetat 1990. Damit bleibt es bei der zuletzt angenommenen Neuverschuldung in der Größenordnung von 33 Milliarden Mark.
Wie außerdem bekannt wurde, erhält Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg (CDU) 1,7 Milliarden Mark mehr als 1989, unter anderem für militärische Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben. Diese Zahl bestätigte auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages Rudi Walther (SPD). Die Erhöhung um 1,7 Milliarden im Jahr 1990 würde den Etat um über drei Prozent auf 54,4 Milliarden Mark erhöhen. Der frühere Finanzminister Stoltenberg habe damit seine eigenen Vorgaben der Sparsamkeit für die Hardthöhe selber nicht eingehalten, monierte der SPD-Politiker.
Das Kabinett beschließt den Haushaltsentwurf 1990 und die neue mittelfristige Finanzplanung am 5. Juli. Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) wird diese Pläne am 4. September im Bundestag einbringen.
Der Zuwachs der Gesamtausgaben um über drei Prozent geht auch auf die verschiedenen Koalitionsbeschlüsse zurück: Dazu gehören die Erhöhung von Kinder- und Erziehungsgeld, verstärkte Leistungen für den sozialen Wohnungsbau oder das Programm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitlosigkeit.
Auch die Zinsen explodieren gegenüber 1989 um gut eine Milliarde auf 33,5 Milliarden Mark. Sie machen damit wegen jährlich neuer Schulden den drittgrößten Brocken nach Arbeit und Soziales, sowie Verteidigung aus. Die Begrenzung der Neuverschuldung auf rund 33 Milliarden Mark gelingt trotz der Einnahmeausfälle aus der Steuerreform 1990, weil die Steuerquellen aus Konjunktur- und Preisentwicklung munter sprudeln. Zu den Steuereinnahmen von 242,1 Milliarden kommen noch sieben Milliarden aus dem Bundesbankgewinn hinzu.
Nach Meinung von Rudi Walther wird ein Testfall für die Bundesregierung, ob sie im nächsten Haushalt das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt und „in Normalzeiten“ die Neuverschuldung unter die Investitionen des Bundes drückt.
Dabei habe das Bundesverfassungsgericht vorgegeben, den neuen Schulden den Bundesbankgewinn hinzuzurechnen. Hinter den dann 40 Milliarden Mark blieben die geplanten Investitionen in Höhe von rund 37 Milliarden Mark aber zurück.
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