: Die Anderen: Corriere della Sera/Salzburger Nachrichten/Figaro/Humanite
Corriere della Sera
Den Kompromiß der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft auf ihrem Gipfel in Madrid kommentiert die konservative Tageszeitung aus Mailand:
Der Europa-Gipfel von Madrid könnte sich, obwohl er die ehrgeizigsten Erwartungen enttäuscht hat, als wichtiger und ausgeglichener Schritt für die Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion beweisen. Eine kämpferische Präsenz Großbritanniens ist dabei ein durchaus nützlicher Störfaktor.
Ohne auf den Kontinent die Wahl der Maßnahmen und des Stils der britischen Premierministerin übertragen zu wollen, hat das ständige Anstacheln aus London einigen Inhalten der europäischen Union gut getan und wird ihr weiter gut tun. Einige Länder dringen darauf, den sozialen Aspekten des gemeinsamen Marktes mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Sowohl das, wie der britische Standpunkt, sind wichtige Komponenten zur Verwirklichungung der europäischen Einheit. Sie wäre ungleichgewichtig, fehlte einer von beiden.
Salzburger Nachrichten
Die unabhängige österreichische Tageszeitung meint zum EG -Gipfel in Madrid:
Der Ton macht die Musik. Deshalb, aber auch weil sämtliche Staats- und Regierungschefs der zwölf EG-Länder den Erfolg wollten, endete ihr Madrider Gipfel voll Einmütigkeit. Alle wollten das vor dem Hintergrund der Weltereignisse, nicht zuletzt auch wegen der scharf von ihnen verurteilten Entwicklung in China, aber auch, weil sie sich auf halbem Weg zum gemeinsamen Binnenmarkt keinen Krach leisten wollten und konnten.
Das sah auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher ein, obwohl sie nach wie vor nicht völlig über ihren Schatten springen konnte. Dafür ist sie zu sehr gegen weitreichende Souveränitätsverzichte.
Figaro
Der konservative Pariser 'Figaro‘ nimmt am Mittwoch zum Ergebnis des EG-Gipfels Stellung:
Weder Fiasko noch Triumph: Das Madrider Treffen des Europäischen Rates blieb im Rahmen des Gewohnten. Man streift die Krise. Man vermeidet sie. Ein Kompromiß wird erarbeitet. Man geht einen Schritt voran, wobei man sich gleichzeitig die wichtigen Entscheidungen für später vorbehält. ... Vom Europäischen Rat werden die wichtigsten Fragen entschieden, nicht in Straßburg. Was soviel heißt wie: 'Hier passieren die wichtigen Dinge. Das Europäische Parlament bleibt eine Spielwiese.‘ Das ist auch eine Möglichkeit, im nachherein die Stimmenthaltungen vom 18. Juni und die Vorherrschaft nationaler Themen in den zwölf Wahlkämpfen zu rechtfertigen. Die Wähler hatten völlig recht, sich nicht motiviert zu fühlen. Sie sind empfindlich für die doppelte Lücke: Zwischen den Prinzipien und ihrer Anwendung. ... Und vor allem zwischen den Reden und dem, was auf dem Spiel steht.
Humanite
Die französische KP-Zeitung 'Humanite‘ meint zum selben Thema:
In der Enge der spanischen Hauptstadt hat sich jeder bemüht, die Decke zu sich herüberzuziehen. Helmut Kohl hat von der Höhe der Deutschen Mark aus die Debatte beherrscht.
Frau Thatcher hat mit Füßen die Idee zurückgestoßen, bei der Schaffung einer Zentralbank und der Annahme eines Vertrages voranzugehen, der die neuen Regeln dieses Monopolys auf dem Niveau des Kontinents festlegen soll. ... Mitterrand hat festgestellt 'daß viele in Deutschland getroffenen Entscheidungen auf uns lasten‘. Er hat bis jetzt jedoch den Bundeskanzler nicht gebeten, seine Nachbarn jenseits des Rheines zu achten.
Ganz im Gegenteil hat er das hohe Lied der 'von außen aufgezwungenen Veränderungen‘ angestimmt und hinzugefügt: 'Das ist die Demokratie‘.
Eine merkwürdige Demokratie, die darin besteht, die französischen Bürger den Entscheidungen einer Führung zu überlassen, die keine Rechenschaft ablegen muß: einem Verwaltungsrat der Multinationalen mit absoluter Macht über das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in Frankreich.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen