Naturheilmittel-betr.: "Hexenjagd auf Naturheilmittel?", taz vom 21.6.89

betr.: „Hexenjagd auf Naturheilmittel?“, taz vom 21.6.89

Ja, der Reinhard Borgmann, der ist spaßig. Hoffentlich haben recht viele taz-LeserInnen gemerkt, wie er sie auf den Arm genommen hat.

Die Industrie, das sind die Naturheilmittel-Hersteller, aber was sind denn dann die Pharma-Konzerne? Naturkunde -Medizin ist, wenn ein Koch mit einer Helferin grinsend eine nackte Frau mit Gemüse und Obst garniert. So geht es munter weiter bis zum Höhepunkt, der abschließenden pharmakologischen Binsenweisheit. Natürlich heißt sie in Wahrheit: Es gibt keine Medikamente, die so geringe Nebenwirkungen haben, wie Naturheilmittel. Oder war es etwa doch ernst gemeint, Reinhard?

Wulf H.Boerner, Hamburg

(...) Reinhard Borgmann denkt in der gleichen Richtung wie das BGA, daß durch das Zerlegen einer Pflanze in ihre biochemischen Bestandteile die Wirksamkeit und das Wesen einer Pflanze erkannt werden könnte. Über den „gesellschaftlichen Umgang mit natürlichen Heilmitteln“, in der Überschrift angekündigt, sagt er fast nichts, außer daß er vor dem verantwortungslosen Umgang mit Tees richtigerweise warnt.

Jeder Tee ist eine Droge und sollte verantwortungsbewußt eingenommen werden. Da ist aber diese „Schluckmentalität“: „Ich nehme eine Pille oder trinke täglich einen Tee, dann geht's schon weg.“ Das hat aber mit natürlicher Heilung nichts zu tun.

Jede Pflanze hat eine ihr innewohnende Information, und die findet man nicht durch Zerlegen. Das Ganze ist eben doch mehr als die Summe seiner Teile. Folglich macht es auch keinen Sinn, sich über den PA-Gehalt aufzuregen und die Pflanzen verbieten zu wollen. „Gift gegen Gift“, dieses homöopathische Prinzip mag ein Merkmal sein, warum eine Pflanze heilend wirkt. Gegen alles ist ein Kraut gewachsen, deswegen können auch 35.000 pflanzliche Arzneimittel nicht zuviel sein.

Der Autor ebnet mit seinem Artikel fahrlässigerweise der heutigen Medizin den Weg: Die Techniker haben sich zu Ärzten erhoben und die Ärzte sind Techniker geworden.

Markus Trable, Mainz