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Leerformeln

Walter Momper auf dem Parteitag der Sozialdemokraten  ■ K O M M E N T A R

Nein, das „rot-grüne Projekt“, ist nicht die Sache Walter Mompers. Dem Regierenden Bürgermeister und Landesvorsitzenden der Sozialdemokraten fehlt nicht nur das Charisma, um für die „neue politische Kultur“ zu stehen. Momper ist Pragmatiker, „Visionen“ hat er keine. Die seit der Koalitionsverhandlungen beständig wiederholte Formel vom „neuen Politikstil“ ist eine Leerformel. Rot-Grün bedeutet für Momper in erster Linie, regieren zu können, eine gesellschaftliche Utopie verbindet er damit nicht. Politisch ist Momper ist ein Mann der Mitte. Von den Linken akzeptiert, mit den Stimmen der Rechten mitgewählt, ist er beiden Seiten verpflichtet. Das prägt.

Für diejenigen in der SPD, für die Rot-Grün mehr als eine Übergangslösung ist, die es nicht nur notgedrungen hinnehmen, um selbst an die Fleischtöpfe zu kommen und die es ernst meinen mit der Option für Bonn 1990, ist der Parteivorsitzende Momper keine Bank. Rot-Grün mimmt er in Kauf, solange es rechnerisch nicht anders geht, und nutzt derweil die Gelegenheit, um „gesellschaftliche Akzeptanz“ für Rot zu schaffen.

Als Parteivorsitzender läßt er erst gar keine Illusionen aufkommen. Die SPD - und dafür steht er als Garant - soll die unbewegliche, autoritär strukturierte und in der Frauenpolitik so zögerliche Funktionärspartei bleiben, die sie ist. Jetzt die Zügel locker zu lassen könnte den Erneuerern und euphorischen Rot-Grün Befürwortern Aufwind verschaffen. Das will und muß Momper verhindern, zumindest bis die Koalitionsdiskussion in Bonn abgeschlossen ist.

Bis dahin hat die linke SPD-Parteibasis viel zu tun. Ob Rot -Grün in Berlin eine gesellschaftliche Mehrheit findet, wird davon abhängen, wie glaubwürdig Sozialdemokraten und Alternative Liste es als gemeinsame Politik vertreten. Nur wenn das gelingt, gibt es zum „rot-grünen Projekt“ auch für Bonn keine Alternative.

Brigitte Fehrle

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