: Auch in Berlin: REPs unter Druck
Ermittlungsverfahren gegen Ex-Fraktionschef Andres ■ Von Wolfgang Gast
Berlin (taz) - Nach dem Bundesvorsitzenden Schönhuber ist jetzt auch der frühere Berliner Fraktionschef der „Republikaner“, Andres, Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens. Seit gestern ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und Untreue - aufgrund eines Berichts der taz.
Der 37jährige Polizeibeamte Andres, der am 8. Juli auf dem Berliner Landesparteitag für den Posten des Landesvorsitzenden kandidieren will, hat nach Recherchen der taz für den Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus im Januar über die bewilligten 85.000 Mark hinaus zusätzlich 100.000 Mark bei einem Berliner Geschäftsmann aufgenommen. Als dieser nach der Wahl den Kredit zurückforderte, hat Andres nach Aussagen anderer Parteimitglieder einfach geleugnet, das Geld erhalten zu haben. Erst als Landesschatzmeister Voss ihm den Kreditvertrag vorlegte, habe Andres die Forderung anerkannt.
Als Ursache für das Abstreiten mutmaßen Partei-Insider, daß der 37jährige das gepumpte Geld am Schatzmeister vorbei und damit von Fortsetzung auf Seite 2
der Partei unkontrolliert ausgegeben hat. Unklar ist auch, wo das Geld geblieben ist.
Ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Andres wegen Körperverletzung - der Vorsitzende hatte in einer Sitzung einen Kontrahenten kurzerhand im Polizeigriff aus dem Saal gezerrt - dauert nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch an.
Der Berliner Fraktionsgeschäftsführer der „Republikaner“, Thorsten Thaler, bestätigte die Differenzen zwischen der Fraktion und ihrem damaligen Vorsitzenden. „Zur Entscheidungshilfe“ sei die Münchner Parteizentrale angerufen worden. Dort hieß es gestern, man habe
bei Andres „eine Darstellung“ eingefordert. „Wenn die Vorwürfe richtig wären“, so der Bundessprecher Harald Neubauer, „wäre das mit den Republikanern nicht zu vereinbaren“. Neubauer nutzte die Gelegenheit zu betonen: „Daran sehen Sie, daß wir konsequent auf Selbstsäuberung setzen“.
Zu den Ermittlungen gegen Schönhuber erklärte Huber, die Vorwürfe „sind längst geschmolzener Schnee von vorgestern“. Schon 1987 hätte die Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungen eingestellt, weil die Vorwürfe „keinerlei Substanz“ gehabt hätten.
Der 66jährige Ex-Journalist Schönhuber soll Gelder aus der Wahlkampfkostenrückerstattung in Millionenhöhe zweckentfremdet und weitergeschoben haben, ohne daß der zeichnungsberechtigte bayerische Schatzmeister irgendeine
Kontrolle habe ausüben können. Nach Informationen des ZDF und der 'Süddeutschen Zeitung‘ soll Schönhuber die fast bankrotte Partei mit der Kostenerstattung aus der bayerischen Landtagswahl 1986 rechtswidrig saniert haben.
Der frühere Landesschatzmeister des bayerischen Landesverbandes, Georg Schätzl, soll auch erklärt haben, die Wahlkampfkosten hätten statt der abgerechneten 1,279 Millionen Mark nur etwa 300.000 Mark betragen. Sprecher Neubauer will in den Anschuldigungen des Ex-Schatzmeisters nur die Frustrationen eines geschaßten Mitarbeiters erkennen. „Wegen seiner miserablen Amtsführung“ hätte die Partei darauf verzichtet, ihn beim letzten Landesparteitag erneut aufzustellen. Voller „Haß“ sei er dann gleich nach den Landtagswahlen „mit solchen Sachen hausieren gegangen“.
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