Ex-Psychiatrie Kloster Blankenburg verkauft

■ Westfälischer Arzt will aus der langjährigen Verwahranstalt eine exklusive Alten-Klinik machen / Kaufpreis: Vier Millionen

Anno dazumal, als aller Verkehr zwischen Oldenburg und Bremen sich noch über Land schlängelte, lag das Kloster Blankenburg unmittelbar an der Hauptstraße. Wäre da nicht heute wenigstens der Blick auf die nahe Autobahnbrücke, das jetzige Idyll ließe die ewige Abgeschiedenheit vermuten. Die weiträumige Anlage am Huntedeich, inmitten satter Wiesen und Äcker gelegen, mit einem kleinen Klostersee als Blickfang und prächtigen Pfauen, die die umstehenden Bäume bevölkern, war in ihrer wechselvollen Geschichte ein Ort der Ruhebedürftigen - und der Ausgesonderten. Nach dem Auszug des letzten Nutzers, der Langzeitpsychiatrie des Krankenhauses Bremen-Ost Ende vergangenen Jahres, schossen Gerüchte über potentielle Käufer ins Kraut.

In dieser Woche machte der Bezirksverband Oldenburg als Verwalter des Komplexes allen Spekulationen ein Ende und präsentierte den neuen Besitzer: Dr. Burkhard Aschhoff, Allgemeinmediziner aus Kamen/Westfalen. Kaufpreis: vier Millionen Mark.

Kein Gefängnis, wie oft vermutet, wird also in die Klostermauern einziehen, sondern eine gerontologische Klinik, der The

rapie kranker, älterer Menschen vorbehalten. „Aufgrund der Gesundheitsreform“, so der Mediziner, „sind bestimmte Belegungsfristen und Aufgabenstellungen so eng festgeschrieben, daß die Krankenhäuser bei der Versorgung älterer Menschen in aller Regel überfordert“ seien. Für diejenigen, die laut Aschhoff „woanders kaum oder nur unzureichend therapiert werden“, plant er die gerontologische Abteilung mit etwa 100 Betten, die auch eine kleine Langzeit-Einrichtung vorsieht. Nach der zukünftigen Klientel befragt, räumte der neue Blankenburg-Besitzer ein, „daß natürlich und zuallererst private Patienten angesprochen sind“.

Neben den Klinik-Gebäuden soll auf dem Gelände zusätzlich ein Hotel nebst Gastronomie-Betrieb entstehen, „klein und fein“. Die Angehörigen der Patienten könnten dort übernachten, stellt Aschhoff seine Überlegungen vor, aber auch Gäste, die die beschauliche Umgebung schätzen. Die Investitionssumme, die nötig sein wird, die einzelnen Trakte für die neuen Zwecke umzugestalten, wird von Experten auf über 10 Millionen Mark geschätzt. Potente Geldgeber aber

hat Aschhoff nicht hinter sich versammelt.

Einzig sein Konzept und die Aussicht auf eine wachsende Anzahl älterer Menschen, die für eine mit viel Annehmlichkeit verbrämte Altenpflege ordentlich in die Tasche greifen, haben die

Banken zur finanziellen Unterstützung bewogen. „Aufbewahranstalt gegen Cash“ befand gestern spontan ein ehemaliger Arzt der Klinik Blankenburg, als er von dem abgeschlossenen Geschäft hörte.

Für jene, die nach Abgeschie

denheit verlangten, war das Dominikanerkloster im 13. Jahrhundert erbaut worden. Fast dreihundert Jahre lebten Nonnen in den kärglichen Räumen bis sich nach der Reformation diese katholische Enklave im lutherisch gewordenen Oldenburger Land

mangels Nachwuchses auflöste. Für eine kurze Zeit beherbergte das Gelände ganz profane und weltliche Zwecke: eine Brauerei. Bis im 18. Jahrhundert im Zuge der Arretierung von Waisen, Landstreichern und Wahnsinnigen auch in dieser Gegend eine „Bewahr-und Pflegeanstalt“ benötigt wurde. Eine Endstation für Menschen, die im Statut von 1860 so beschrieben sind: „Wahnwitzige, Tolle und Rasende; Leute, welche Andern zum Scheusal und Schrecken umhergehen; Alte, schwache, beständig bettlägerige, sehr gebrechliche, blinde, taube und blödsinnige Personen“.

Aus den Augen, aus dem Sinn. So war Blankenburgs Aufgabe über all die Jahrhunderte. Daß das nun alles ganz anders werden wird, versichert der neue Betreiber.

Doch an der Tatsache, daß alte, schwache, beständig bettlägerige und gebrechliche Menschen noch immer vor den Toren der Stadt sonderbehandelt werden, hat sich offensichtlich wenig geändert, auch wenn die medizinische Fürsorge, die ihnen zukommen wird, nicht zu vergleichen ist mit früheren Zuständen.

Andreas Hoetzel