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Bitterer Geschmack

■ Zur Aufhebung der Exportquoten durch die Internationale Kaffee-Organisation

Mit dem jetztigen Schwebezustand bei den Verhandlungen um die Neufassung des Internationalen Kaffee-Abkommens können die Verbraucher-, also die Industrieländer, hervorragend leben - und je länger diser andauert, um so länger bleibt der Kaffee billig. Bei einem nur noch sehr langsam zunehmenden Welt-Kaffeeverbrauch wird ein Preisverfall zu einem wichtigen Stimulans für den Konsum. Nicht aufgegangen ist der Versuch der Produzentenländer, mit dem herannahenden Auslaufdatum für das Abkommen die Verbraucherländer zu politischen Zugeständnissen zu veranlassen. Mit ihrem internen Streit um die Exportquoten haben die fünfzig Produzentenländer selbst dafür gesorgt, daß sie nicht einheitlich gegen die Großnachfrager auftreten können.

Doch die Internationale der Dritten Welt ist hier eine ebensolche Fiktion wie etwa beim Versuch, ein Schuldnerkartell gegen den Norden zu bilden. Jede der Bourgeoisien aus den Produzentenländern sucht jetzt auf eigene Faust ihr Heil mit dem braunen Getränk abenteuerlich auf einem Weltmarkt, der so extrem klima- und spekulationsabhängig ist. Ein weiterer und andauernder Preisverfall für Kaffee dürfte vor allem für die Anbieter von Billig-Kaffees zu ebensolchen katastrophalen sozialen Konsequenzen führen wie für die Minenarbeiter Boliviens und Malaysias nach dem Zusammenbruch des Zinnkartells. Die Wahl, auf eigene Faust den Anbau einzuschränken und die Kaffee -Produktion zu senken, stellt sich allerdings für die Regierungen nicht ernsthaft - zu hoch wären die politischen und finanziellen Kosten. Außerdem bietet sich die strukturelle Gewalt des Weltmarktes dafür an, über die Preise die Schmutzarbeit gegen die Bauern und Bäuerinnen auf unrentabel werdenden Plantagen zu übernehmen. Für die anschließenden Hungerunruhen ist dann vom IWF wieder Geld zu bekommen.

Die Frage danach, ob per Saldo nicht wenigstens Nicaragua von den Beschlüssen der Internationalen Kaffee-Organisation profitiert, ist derzeit noch nicht zu beantworten. Wie seine zentralamerikanischen Nachbarn auch, hat das Land mit seinen qualitativ guten Hochland-Kaffees günstige Voraussetzungen, sich vor allem gegen die Billigkaffees aus Brasilien durchzusetzen, die bislang quotengeschützt auf dem Weltmarkt gekauft werden mußten.

Wie für jedes Land muß aber auch für Nicaragua erst einmal ausgerechnet werden, ob ein höherer Weltmarktanteil den Preisverfall wettmachen kann. Makaber genug bleibt der Markt aber auch bei Verkaufserfolgen der grünen Bohnen aus Matagalpa. Zum einen trifft er dann die Schwächsten in einem anderen Land, aber auch reine Nützlichkeitserwägungen helfen nicht viel weiter: Vom Boom für hochwertige Kaffees profitieren die Kaffee-Oligarchien und ihre Regimes in El Salvador und Guatamela noch viel mehr.

Dietmar Bartz

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