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Selbstverständlichkeiten

von Olaf Neußner, amnesty international, Berlin  ■ G A S T K O M M E N T A R

Eigentlich sollte das Grundrecht auf Asyl keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß alle von Menschenrechtsverletzungen bedrohten Flüchtlinge in der Bundesrepublik ein Bleiberecht haben. Doch dieses Grundrecht ist in den letzten zehn Jahren durch immer weitere gesetzliche Einschränkungen und eine restriktive Rechtsprechung verkrüppelt worden. Bürgerkriege und andere Krisen, in denen Menschenrechte typischerweise mit Füßen getreten werden, reichen nicht mehr, um als Flüchtling anerkannt zu werden.

Mit der neuen Weisung des Innensenats ist dieser Entwicklung endlich entgegengetreten worden. Sehr viele Flüchtlinge, die amnesty international in Berlin betreut, denen in ihrer Heimat Haft, Folter oder Tod drohen, haben nun einen effektiven und dauerhaften Abschiebeschutz erhalten, der ihnen bis jetzt versagt blieb. Durch die Weisung, die für einige Länder und Fallgruppen keine Einzelfallprüfung (außer bei Straftätern) mehr vorsieht, ist nun auch dem Umstand Rechnung getragen worden, daß die Verfolgung gerade in krisengeschüttelten Ländern völlig willkürlich und unberechbar abläuft, und es daher kaum möglich ist, auch nur halbwegs zuverlässige Prognosen über die individuelle Gefährdung, die im Asylrecht verlangt wird, zu erstellen.

Es bleibt zu hoffen, daß die neue Berliner Flüchtlingspolitik anderen Bundesländern als Vorbild dient, damit mehr Flüchtlinge ein dauerhaftes unbürokratisch erteiltes Bleiberecht erhalten.

Olaf Neußner

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