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44 Tage für die „Maxim Gorki“

■ Bremerhavener Lloyd-Werft repariert Leck und Innenschäden des Eisberg-Dampfers im Eiltempo

Für den Kapitän des am 20. Juni im Nordmeer 300 Seemeilen westlich von Spitzbergen nachts mit einem Eisberg kollidierten 24.981 BRT großen sowjetischen Passagierschiffs „Maxim Gorki“, Marat Galimov, gilt der Grundsatz: „Erst die Passagiere, dann das Schiff.“ Alle Passagiere seien zur eisfreien Wasserseite hin schnell und unverletzt abgeborgen worden, betonte Galimov gestern auf einer Pressekonferenz an Bord in der Bremerhavener Lloyd Werft.

Mit Hinweis auf die laufenden Untersuchungen des Unglücks wollte er allerdings zum genauen Ablauf der Katastrophe, unter anderem auch zur tatsächlichen Kollisionsgeschwindigkeit, keine Angaben machen. Die Geschwindigkeit sei den „wettermäßigen Umständen entsprechend gefahrlos für das Schiff“ gewesen und „nicht so hoch wie in den Zeitungen genannt“. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 23 Seemei

len in der Stunde liegt die Reisegeschwindigkeit des Kreuzfahrtschiffes nach Angaben des Charterers Phoenix -Reisen bei 17,5 Knoten.

Bei „Eis in Sicht“ habe er das Schiff nicht gestoppt, weil „keine Gefahr zu erwarten“ war, erklärte der Kapitän. Die „Maxim Gorki“ sei dann mit „weitem Abstand zur Eisgrenze an dieser entlang“ gefahren. „Wir waren nicht im Eisfeld, als wir gegen den Eisberg gestoßen sind“, sagte Galimov.

Von den insgesamt elf Schiffsabteilungen seien zweieinhalb vollgelaufen. Die schiffseigenen Lenzpumpen konnten den Wassereinbruch nur mit Unterstützung zweier zusätzlicher Pumpen des norwegischen Küstenwachschiffes „Senja“ unter Kontrolle halten.

Der Inhalt der 16 Passagierkabinen, in denen das Wasser einen Meter hoch gestanden hat, sei durch die Wasserbewegung zer

stört und werde vollständig ersetzt, teilte Phoenix-Sprecher Johannes Zurnieden mit. Schwerwiegende Verluste von Schmuck, Bargeld und anderen Wertsachen seien ihm bisher nicht bekannt geworden.

Die Gesellschaft werde die gesamte Schadensabwicklung mit den Versicherungen für „ihre Gäste“ koordinieren. Sie habe für die Reisekostenrückerstattung, für Fahrkosten, Verpflegung und andere Hilfsleistungen bereits rund drei Millionen Mark aufgebracht.

Galimov, der nach eigenen Angaben mit 22jähriger Seefahrtserfahrung seit 1984 als Kapitän zur See fährt, hatte das Unglücksschiff lediglich in Vertretung geführt. Er war aber „längere Zeit“ bereits als Erster Offizier an Bord. Am 18. August wird er nicht mehr auf dem Kreuzliner sein, wenn dieser zu seiner nächsten Reise auslaufen soll. Bis dahin muß die Lloyd Werft im Auf

trag der Moskauer Reederei Sovcomflot das Schiff in 44 Tagen für rund 28 Millionen Mark reparieren.

„Der Termin ist sehr knapp, aber wir werden die 'Maxim Gorki‘ pünktlich abliefern“, sagte Lloyd-Geschäftsführer Dieter Haake. Die Werft kennt das Schiff von inzwischen fünf Reparatur- und Umbauaufträgen. In 200.000 Arbeitsstunden müssen außer den Eisschäden und Kollisionsrissen an Außenhaut und Wulstbug die besonders umfangreichen durch den Wassereinbruch hervorgerufenen Schäden im Inneren des Schiffes behoben werden.

Die vier unteren Decks im Vorschiffsbereich sind nach Haakes Angaben „in ihrer Inneneinrichtung zerstört und müssen völlig erneuert“ werden. Das 196,7 Meter lange Passagierschiff, das für die nächste Reise schon ausgebucht ist, werde „praktisch wie neu“, sagte Haake.

dpa

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