: Schönhubers Presseschelte
■ Vor den Toren der Schultheiss-Säle wurden Journalisten von Autonomen in die Mangel genommen / Auch im Saal herrschte medienfeindliche Stimmung
Weil die Delegierten der REPs „nicht durch die Reihen der Grünfaschisten“ gehen wollten, haben sie den Beginn ihres Parteitages kurzfristig auf sechs Uhr morgens vorverlegt. Kein Demonstrant hat daher einen der Rechtsextremisten zu Gesicht bekommen, die saßen alle längst im „Schultheiss“ beieinander. Vielleicht war das der Grund dafür, daß „beherzte Antifas“ sich auf Pressevertreter stürzten, die über den Parteitag berichten wollten.
In Polizistenmanier verlangten sie Ausweise und Auskunft darüber, was man denn bei den „Schweinen“ wolle. Ein Journalist wurde von der „Antifa-Polizei“ tätlich angegriffen, ein Reporter von Radio 100 mußte sich ausweisen und beschimpfen lassen, anderen Zeitungsleuten schallte „Faschos, Faschos“ entgegen. Wer von der Journaille diese Sperre überwunden hatte, mußte dann eine vierfache Kontrolle aggressiver REP-Ordner über sich ergehen lassen.
Im Saal wurden die Journalisten dann von Hunderten von aufgeputschten REP-Delegierten mit Buhrufen und einem Pfeifkonzert empfangen. „Schmierfinken, Schmierfinken“, tönte es durch den Saal. REP-Chef Andres hatte kurz zuvor unter Beifall der Delegierten den Ausschluß der Presse gefordert, „damit diese nicht noch mehr Lügen über uns verbreiten kann“. Nur aufgrund der Intervention des geschickt agierenden Schönhuber durfte die Presse dann doch in den Saal hinein.
Schon am Tag zuvor hatte es im Landesvorstand der REPs eine Kontroverse um das Erscheinen der Presse gegeben. Mit sieben zu vier Stimmen wurde dann entschieden, die Journaille reinzulassen. Andres hatte an der Sitzung nicht teilgenommen und fühlte sich wegen des Beschlusses brüskiert.
Die ersten Worte Schönhubers an die „Lieben Parteifreunde“ galten nicht denen, sondern der „Ganovenpresse“: „Die Presse ist an allem schuld, sie hat Lügen und Unwahrheiten über unsere Partei verbreitet“, schleuderte der Vorsitzende aus Bayern unter frenetischem Gejohle seiner Anhänger der herein kommenden Presse entgegen. „Wenn man täglich von einer feindseligen Presse zum Teil mit einer Dümmlichkeit, die nicht zu überbieten ist...“ Hier wurde Schönhuber durch minutenlangen tosenden Applaus der Delegierten unterbrochen, die zum Teil gar vor Begeisterung auf die Tische stiegen. Er fuhr fort: „Heute kommt der Tag der Abrechnung!“, woraufhin der Applaus erneut losbrach. Mitten in das Gejohle hinein griff Schönhuber dann einzelne Journalisten gezielt an: „Ich sehe hier einen Journalisten von 'Report‘ München. Jahrelang hat er Schweinereien gemacht.“ Das haßerfüllte Gejohle im Saal steigerte sich noch, als Schönhuber mit ausgestrecktem Arm auf die Presseleute zeigte und rief: „Hier stehen die Volksverhetzer!“
Auch als die Delegierten wieder etwas ruhiger geworden waren, konnte der gelernte Journalist Schönhuber es nicht lassen, der Presse während ihrer Arbeit auf die Finger zu schauen. So beschimpfte er bei laufender Sitzung ein Kamerateam vom Podium aus, das einzelne Parteitagsdelegierte filmte. „Wir werden nicht zulassen, daß man sich einzelne herausgreift, um von der Partei ein falsches Bild zu zeichnen.“ Die beiden „Motive“ waren rechtsgerichtete Rocker, die den Parteitag verfolgten.
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