: Totalverweigerer stellt Gnadengesuch an Hamburgs Justiz
Hamburg (taz) - Der Hamburger Justizsenator Wolfgang Curilla (SPD) muß über ein Ende April eingereichtes Gnadengesuch des seit Jahren um sein Recht auf totale Kriegsdienstverweigerung kämpfenden Pazifisten Heiko Streck entscheiden. Curilla hat damit in der Hand, ob der überzeugte Kriegs- und Zwangsdienstgegner für zehn Monate hinter Gitter wandert. Diese Strafe hatte 1987 der berüchtigte hanseatische Amtsrichter Niels Graue gegen Streck verhängt. Der 30jährige Streck fand damals „friedenspolitisches Asyl“ in den Fraktionsräumen der Grün -Alternativen Liste (GAL) im Hamburger Rathaus, wurde nach zwei Wochen allerdings von Staatsschützern auf der Straße abgegriffen und in viertägige Untersuchungshaft gesteckt. Das Bundesverfassungsgericht wies im Februar dieses Jahres eine Beschwerde Strecks ab. Das Urteil fällten die Richter Hans-Hugo Klein (Exstaatssekretär, CDU), Konrad Kruis (ehemaliges Mitglied der bayerischen Staatskanzlei, CSU) und Ex-RAF-Ankläger Ernst Träger.
Am 29.April lehnte es der hanseatische Justizsenator ab, von Streck persönlich das Gnadengesuch mit mehr als 4.000 Unterschriften entgegenzunehmen. Dem Vater von Heiko Streck wurde eine Entscheidung bis „spätestens im Juli“ zugesagt.
Unterdessen haben die Deutsche Friedensunion, die Deutsche Friedensgesellschaft, Graue Panther, die Selbstorganisation der Zivildienstleistenden, GAL und andere die Zustimmung zum Gnadengesuch gefordert.
Außerdem trifft der in Hamburg wohnhafte „totale“ Kriegsdienstverweigerer bereits Vorkehrungen für eine mögliche Ablehnung seines Gnadengesuchs. So wird er sich wie er der taz sagte - bei einer Bestätigung der Haftstrafe durch Justizsenator Curilla sofort nach West-Berlin absetzen. Bislang dient die geteilte Stadt als „Fluchtburg“ für im Bundesgebiet kriminalisierte Pazifisten, der rot -grüne Senat hat noch keinen von ihnen ins Bundesgebiet abgeschoben.
Oliver Neß
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