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Waigel bekräftigt Gebietsansprüche

■ Waigel steht zu seinen umstrittenen Äußerung zu Polen und fordert „gesundes Nationalgefühl“ auch für die Deutschen / Irritationen in Warschau / Baum fordert Verhandlungsführung des Außenministeriums

Bonn (dpa) - Der CSU-Vorsitzende Theo Waigel hat am Wochenende seine umstrittenen Ausführungen zur Gültigkeit der deutschen Grenzen von 1937 bekräftigt. Beim Schlesiertreffen in Hannover hatte Waigel unter anderem festgestellt, auch die Gebiete jenseits von Oder und Neiße gehörten zur deutschen Frage. Dem 'Kölner Express‘ sagte Waigel: „Ich würde meine Rede wortwörtlich wieder so halten.“

In Warschau hat die jüngste Diskussion über die Oder-Neiße -Grenze massive Kritik ausgelöst. Nach den vorerst gescheiterten deutsch-polnischen Verhandlungen um bundesdeutsche Kredite sind Befürchtungen aufgetaucht, die Bundesrepublik könne versuchen, politisches Kapital aus der wirtschaftlichen Notlage des Landes zu schlagen. Inzwischen versuchen dogmatische Kräfte innerhalb der Partei, den entstandenen Konflikt für ihre Zwecke zu nutzen, indem sie auf die alleinige Grenzgarantie durch die UdSSR und die DDR verweisen. Ausgerechnet im 50. Jahr nach dem Überfall weckt die jüngste Debatte längst überwunden geglaubte Ressentiments. Diese dürften durch die neuerlichen Äußerungen Waigels kaum beschwichtigt werden. Im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Aufnahme Gorbatschows in der Bundesrepublik und in Frankreich äußerte er die Hoffnung, daß die Identität der Deutschen „wieder natürlich und mit einem notwendigen Selbstbewußtsein ausgestattet wird“. Die großen Parteien hätten die Aufgabe, „ein gesundes, geläutertes Nationalgefühl, einen normalen Patriotismus als notwendige Identität jedes Volkes herauszuarbeiten“. Waigel verknüpfte am Wochenende erneut finanzielle Zuwendungen an Polen mit einer Verbesserung der Situation der in Polen lebenden Deutschen. Demgegenüber verwies der Sprecher des polnischen Außenministeriums auf die Konzessionsbereitschaft seines Landes in dieser Frage.

FDP-Chef Lambsdorff kritisierte am Wochenende die neu in Gang gekommene Grenzdiskussion. Sie mache alle Bemühungen um einen dauerhaften Frieden in Mitteleuropa zunichte. Lambsdorffs Parteikollege Gerhard Baum stellte in einem Interview einen indirekten Zusammenhang zwischen der verfahrenen Situation im deutsch-polnischen Verhältnis und der Verhandlungsführung durch den Kanzlervertrauten Teltschik her. Baum forderte, die deutsch-polnischen Gespräche wieder dem Außenministerium zu übertragen.

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