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Anfang vom Ende-betr.: "Die Friedensbewegung in der Sinnkrise", taz vom 5.7.89

betr.: „Die Friedensbewegung in der Sinnkrise“, taz vom 5.7.89

In der taz wurde über das Einfrieren der Aktivitäten des Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung berichtet und dieser Vorgang kommentiert. Ich kann nur sagen: Endlich ist der Anfang vom Ende dieses Relikts der Friedensbewegung in Sicht.

Der Koordinierungsausschuß (KA) der Friedensbewegung war zu einer spezifischen Situation gegründet worden und hatte für eine bestimmte Zeit auch eine nützliche Funktion für die Friedensbewegung in der Bundesrepublik. Vor allem im Zusammenhang mit der Stationierung neuer atomarer Massenvernichtungsmaschinen, Pershing II und Cruise Missiles.

Nach deren Stationierung und in den Jahren danach aber wurde ein stärkeres Abwandern der Basis des KA deutlich. Friedensgruppen lösten sich auf oder lösten sich aus anderen Gründen vom KA. Zurück blieben die teilweise hauptamtlichen Vertreter und Vertreterinnen von zumeist bundesweiten Organisationen, die ihre Mitglieder im KA zu vertreten meinten. Daran entzündete sich dann auch immer wieder Kritik.

Kritik wegen der gering vorhandenen Rückbindung der VertreterInnen zur jeweiligen Basis und der fraglichen demokrtischen Legitimation der gefällten Entscheidungen. Kritik an einem KA, der durch seine Existenz für die Presse oft das einzige Organ der Friedensbewegung zu sein schien und damit indirekt ein Bild von Friedensbewegung in der Öffentlichkeit suggerierte, welches so nicht vorhanden war. Zwar wurde das Aufgreifen von Themen der Basis in der letzten Zeit wieder besser, aber nichtsdestotrotz bleibt meine Hoffnung: Auflösung dieses KA.

Sollte sich die aus vielen Spektren und Gruppen zusammengesetzte Friedensbewegung wieder stärker vernetzen wollen, wäre das positiv. Aber dann mit aus den Regionen und Städten entsandten Delegierten mit entsprechender Anbindung an die Basis und deren Möglichkeit, jederzeit in Entscheidungsprozesse eingreifen zu können. Das wäre dann wesentlich demokratischer als eine Gruppe von Menschen aus Organisationen, die zum Teil eben auch von dem Desinteresse der jeweiligen Mitglieder am politischen Geschehen innerhalb dieser Organisationen geprägt sind.

(...) Also: Auflösung eines von seiner Struktur her mangelhaft legitimierten und überholten KA.

Alternative: Hier wird keine Forderung erhoben, sondern auf eine weiterhin arbeitende Friedensbewegung gehofft in der sicheren Gewißheit, daß eine solche Bewegung sich vernetzen wird, wenn sie es denn will. Einflüsse von hauptamtlichen, von der Basis abgehobenen FriedensmacherInnen und Parteien sind dabei allerdings zurückzuweisen, um nicht instrumentalisiert zu werden etwa von der SPD, für welche Gerd Greune wohl die potentiellen WählerInnen weglaufen sieht, wenn er am Ende des taz-Artikels meint: „Die Gefahr ist doch eher, daß sich die SPD von der Friedensbewegung ganz abwendet.“ Soll die SPD doch echte Friedenspolitik betreiben und nicht ständig versuchen, diesen Staat zu stützen durch Integrationsversuche kritischer Bewegungen, dann wäre die Angst von Gerd Greune unbegründet.

Hinrich Olsen, Oldenburg

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