: Dollarkapriolen
■ McCASH FLOWS ORAKEL
Fast könnte man schon an eine Verschwörung glauben: wie da der Dollar in den letzten zwei Wochen sinkt und sinkt, um sich pünktlich zum Weltwirtschaftsgipfel in der von den Großmächten festgelegten Region einzupendeln. Daß der Rückgang der US-Währung fundamental begründet ist, von dem gebremsten Wachstum und der Aussicht auf Zinssenkungen in USA, mag ja stimmen, doch oft genug hat der Dollar auch schon Kapriolen in eine Richtung geschlagen, die den fundamentalen Wirtschaftsdaten genau entgegengesetzt war. Und deshalb ist es auch möglich, daß er sich nach dem Treffen der Wirtschaftsmächtigen wieder selbstständig macht und in eine Richtung marschiert, die niemand erwartet. Profitiert vom Rückgang des Dollars haben bisher vor allem die DM und die deutschen Aktienmärkte, doch wie das so ist: Sobald der Dollar länger als eine Woche in eine Richtung marschiert, wird man sich unsicher, und was den deutschen Aktienmarkt betrifft, äußert sich diese Unsicherheit so: Die einen erwarten weitere Aktienkäufe ausländischer, wechselkursspekulierender Investoren, also eine Fortsetzung der Kursrallye, die den 'Faz'-Index mittlerweile auf knapp 630 Punkte beförderte, die anderen sehen mit sinkendem Dollar die Gewinne der exportabhängigen Aktiengesellschaften und damit die generellen Aussichten des Exportweltmeisters BRD schrumpfen. So wurde zum Beispiel die Porsche-Aktie, die als extrem dollarabhängig gilt, am Montag um 30 DM zurückgenommen, während die anderen Automobilhersteller wie BMW, Daimler und VW weiter zulegen konnten. Die durchweg freundliche Stimmung auf dem deutschen Aktienparkett spiegelte sich auch international wieder: in Mailand erreichten die Kurse erstmals wieder das Hoch vor dem Kurssturz im Oktober 87, in Lonodon sorgten neue Übernahmespekulationen für gute Stimmung, und der nach dem China-Massaker gebeutelte Index der Börse Hongkong machte mit 63 Punkten einen deutlichen Satz nach oben. Auch Wall Street eröffnete die Woche mit festeren Kursen, man rechnet mit einer Diskontsatzsenkung, die die Aktienkurse weiter beflügeln könnte. Die Dollarschwäche wird dabei nicht als Hindernis gesehen, einige amerikanische Investmenthäuser sehen für 1990 schon wieder einen Dollarkurs über 2 DM.
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