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„Krieg ist Krieg“

Albertina Amathila, Mitglied im ZK der Swapo und in deren Wahlkampfteam für Gesundheitspolitik verantwortlich  ■ I N T E R V I E W

taz: Kann die Swapo nach all den Fakten und Details über Folterungen, die in den letzten Tagen publik wurden, dies noch mit einem „Vorgehen gegen südafrikanische Spione“ rechtfertigen?

Albertina Amathila: Krieg ist Krieg. Und die Tatsache, daß sie Spione waren, hat eine Menge Elend und Tod gebracht. Denken Sie nur an Cassinga (einen Überfall der Südafrikaner auf ein namibisches Flüchtlingslager in Angola 1978, d.Red.). Einige dieser Leute zeigten den Südafrikanern damals den Weg, und 800 Leute wurden getötet. Es kann sein, daß die danach Festgenommenen von Swapo-Leuten verhört wurden, die Verwandte in Cassinga verloren hatten. Das können wir noch nicht genau sagen. Wir verurteilen Folter, aber wir haben auch Verständnis für die Kriegssituation, wo solche Dinge eben passieren.

Glauben Sie, daß es dem Ausland wie ihrem eigenen Land gegenüber glaubwürdig ist, zu behaupten, die Swapo-Führung habe von alldem nichts gewußt?

Nun, wir leben nicht mehr in einer Kriegssituation. Ich bin Ärztin und gehe jetzt in Flüchtlingslager. Aber in die von Sicherheitskräften abgeschirmten Militärlager der Swapo konnte damals auch die politische Führung nicht einfach so hineinspazieren.Ich glaube, viele Führer wußten nicht, was an bestimmten Orten passierte.

Wie viele Gefangene hat die Swapo insgesamt gemacht?

Ungefähr zweihundert. Die Behauptung, wir hätten über tausend Gefangene, ist nicht richtig.

Und wie viele werden noch gefangengehalten?

Wir haben alle freigelassen. 153 sind nach Namibia zurückgekommen, einige sind in andere Länder gegangen, andere haben sich der angolanischen Regierung gestellt.

Theo Ben Guriab, der Swapo-Verantwortliche für internationale Beziehungen, ist der Meinung, man habe auch „Fehler“ gemacht. Am vergangenen Wochenende sagte er auf einer Wahlveranstaltung, wenn alle Anschuldigungen stimmten, dann müßten die „notwendigen Schritte“ unternommen werden. Was heißt das konkret?

Einige Leute werden Antworten geben müssen. Wir werden unsere eigenen Untersuchungen machen. Wenn wir jemanden für schuldig befinden, der etwas außerhalb der Kontrolle getan hat, werden wir ihn zur Rechenschaft ziehen.

Was heißt „eigene Untersuchungen“? Heißt das, daß Sie auch eine unabhängige Kommission akzeptieren?

Eine eigene, unabhängige Kommission.

Werden Sie die Schuldigen bestrafen?

Das kann man jetzt noch nicht sagen. Erst muß die Kommission Richtlinien aufstellen.

Wie wirken sich diese Schreckensmeldungen auf die namibische Bevölkerung aus? Immerhin sind Sie mitten im Wahlkampf.

Zehntausende von Menschen in unserem Land sind in dem langen Krieg getötet worden. Viele sind jetzt erst mal froh, daß sie leben. Das kriegen wir jedenfalls oft zur Antwort.

Ihr größter Konkurrent im Wahlkampf, die Demokratische Turnhallen-Allianz (DTA), macht aber ziemlich Stimmung gegen Sie.

Die DTA sollte sich zurückhalten. Wir sind zur Versöhnung hier. Nach jedem Krieg sollte man konziliant sein. Krieg hat seine eigenen Gesetze, Sie wissen, wovon ich rede. Ich glaube, wenn wir uns nicht versöhnlicher verhalten, wird es wieder Cassingas geben und vieles andere. Also, laßt uns uns versöhnen und ein neues Leben beginnen.

AS

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