: SPD: REPs kein Fall für den Verfassungsschutz
■ SPD-JuristInnen üben scharfe Kritik am Verfassungsschutz / Die Geschichte des Dienstes disqualifiziert das Amt in der Auseinandersetzung mit Rechts
Berlin (taz) - Ausgesprochen scharf hat sich gestern die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer JuristInnen (ASJ) in die Diskussion um die Beobachtung der rechtsradikalen „Republikaner“ durch den Verfassungsschutz eingeschaltet. Der VS, so der ASJ-Vorsitzende Isola, sei aufgrund seiner Entstehungsgeschichte während des kalten Krieges, seiner personellen und politischen Struktur unfähig, einen glaubhaften Beitrag in der Auseinandersetzung mit rechts zu leisten. Deshalb spreche sich der ASJ entschieden dagegen aus, den VS mit der Beobachtung der rechtsradikalen „Republikaner“ zu beauftragen.
Nach Angaben des Präsidenten des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz, Gerhard Boeden, wird im Amt zur Zeit geprüft, ob die REPs als Beobachtungsobjekt eingestuft werden oder nicht. Eine Entscheidung soll auf einer Innenministerkonferenz der Länder im Herbst fallen. Bislang hatte sich vor allem Bayerns Innenminister Stoiber dafür stark gemacht, den VS offiziell auf die „Republikaner“ anzusetzen. Dieses Ansinnen hatte innerhalb der SPD zu heftigen Meinungsverschiedenheiten geführt, obwohl in der Vergangenheit die Sozialdemokraten die Notwendigkeit des Verfassungsschutz immer mit dem Verweis auf die Gefahr von rechts begründet hatten. Aus der Berliner Innenverwaltung war dagegen schon vor Wochen zu hören, man werde einer „Republikaner„-Beobachtung nicht zustimmen, da der Bereich „Extremismusbeobachtung“ durch den VS insgesamt stark eingeschränkt werden müsse.
Die SPD-JuristInnen unterstützen diese Linie. Die SPD, so Isola, ist dafür, die Aufgaben des Verfassungsschutzes auf die Abwehr von Spionage und Terrorismus zu beschränken. Die Beobachtung des politischen Extremismus solle auf Straftaten beschränkt werden. Die ausufernde Schnüffelei des Verfassungsschutzes illustrierte Isola vor der Bonner Presse mit einem Beispiel: Ihm sei berichtet worden, der Verfassungsschutz bereite ein sogenanntes „Adressendokumentationssystem“ (ADOS) vor, in dem sämtliche Übersiedler aus der DDR gespeichert werden sollen. Die Datei werde damit begründet, daß unter Hundertausenden von Übersiedlern möglicherweise auch Spione eingeschleust werden könnten.
Isola forderte eine stärkere Öffentliche Kontrolle. Richtungsweisend sei das neue Berliner Gesetz zur Kontrolle des VS. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern wird das Berliner Landesamt nun nicht mehr durch eine geheime parlamentarische Kontrollkommission überwacht, sondern durch einen öffentlich tagenden Parlamentsausschuß, in dem alle Fraktionen vertreten sind.
Jürgen Gottschlich
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