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Bremer Fund-Rising-Party

■ Werder-Fan-Projekt braucht 130.000 Mark und bekommt partout nur 85.000 zusammen

Wenn in den USA ein Sozialprojekt frisches Geld braucht, werden die örtlichen Reichen zur Fund-Rising-Party geladen. Neben Snacks, Barbecue und Squaredance-Girls steht dann der Vereinsvorsitzende und nimmt diskret die Dollar-Schecks in Briefumschlägen entgegen.

Zu einer „Fund-Rising-Party“ nach Bremer Art hatte am Dienstag abend der Beirat östliche Vorstadt im Bürgerhaus Weserterrassen eingeladen: Als Lokalmäzene waren Beamte der Senatsressorts Jugend, Sport und Inneres erschienen, die Square-Dance-Girls wurden von einem halben Dutzend original grün-weiß-dekorierter Werder-Fans vertreten, zu Essen gab es gar nichts, zu trinken statt Coke und Bonbon-Brause „Flens“. Nur die Rolle des bedürftigen Vereinsvorsitzenden war genregemäß besetzt.

„Das Werder-Fan-Projekt ist in dieser Stadt längst zur Regelaufgabe geworden, die selbstverständlich von allen so angesehen und angesprochen wird. Polizei, Verein, Sozialarbeiter und Behörden rufen bei Problemen mit Fußball -Fans selbstverständlich bei uns an. Trotzdem können wir nicht weiterarbeiten. Die letzte ABM-Stelle läuft in diesem Monat aus,“ faßte der Vereins-Vorsitzende Fedor Jokisch am Anfang die mißliche Lage zusammen. 130.000 Mark jährlich wären für die Existenzsicherung der mindestens zweiköpfigen sozialarbeiterischen Fan-Betreuung erforderlich, Zusagen der Behör

den gab es erst über 60.000 Mark. Außerdem wollte Werder 20 Tausender springen lassen und die Landes-Sportjugend fünf. „Macht 85.000, ergo fehlen 45.000. Ich eröffne die erste Runde“, wandte sich als Party-Animateur Ortsamtsleiter Hucky Heck an die Behörden-Beamten.

„Wir wollen mit 30.000 den größten Anteil beisteuern“, begann für den Jugendsenator Hans-Christoph Hoppensack, „auch die anderen Ressorts hätten sich ordentlich beteiligen sollen.“ Immerhin 20.000 Mark wolle man aus dem eigenen dünnen Säckel geben, rechtfertigte sich der Vertreter des Sportsenators, außerdem „haben wir die Räume für das Fan -Projekt am Anfang umsonst und jetzt sehr günstig zur Verfügung gestellt.“ Der Sprtbeamte meinte, lieber solle sich der SV Werder zu größerem finanziellem Engagement bei der Fan-Betreuung durchringen.

Doch davon wollte Werder-Manager Willi Lemke nichts wissen. Zwar hat auch er nur Lob für die „überregional anerkannte Arbeit“ des Fan-Projekts, mit 20.000 Mark sei der SV Werder jedoch bereits sehr großzügig an dessen Finanzierung beteiligt. Lieber sollte sich das Innenressort mal überlegen, einen Teil der Stadionabgabe in Höhe von 650.000 Mark jährlich für die Fan-Betreuung zu verwenden.

„Die Polizei arbeitet ja sowieso schon umsonst für Werder“, hielt dem der Vertreter des Innensenators entgegen. 10.000

Mark wolle man springen lassen, mehr sei nicht drin. Aber die Sportverbände, die sollten doch mal in ihre Kasse greifen.

Vom Fußballverband war niemand gekommen. „Die haben heute Vorstandssitzung“, gab Heck den Grund ihrer Absage weiter. Womit die Bremer Fund-Rising-Party kaum begonnen schon wieder zu Ende war. Das stolze Ergebnis: Die bereits zuvor

zugesagten 85.000 Mark konnten knapp verteidigt werden.

Aus lauter Mitleid um die verpatzte Party griff der Beirat schließlich zur Selbsthilfe und bot 10.000 Mark aus seinem eigenen Topf. Und Senatsdirektor Hoppensack versprach, „eine Senatsentscheidung herbeizuführen“. Ob der Senat weiß, wie man eine echte Fund-Rising-Party feiert?

Ase

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