Gegner der Berliner Asylpolitik werden offensiv

Berliner CDU-Oppositionschef Diepgen droht mit Mißtrauensantrag gegen Momper / Auch Bonn und Bayern steigen in Kampagne gegen das Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber ein / Abgeordnete müssen für Sondersitzung aus dem Urlaub eingeflogen werden  ■  Aus Berlin Andrea Böhm

Kaum hat der Urlaub begonnen, heißt es für Berlins Parlamentarier schon wieder Koffer packen. Um gegen die Neuregelung des Berliner Senats zur Asylpolitik vorzugehen, hat die CDU für kommenden Dienstag eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses einberufen. Ob es dann einen Mißtrauensantrag gegen Innensenator Erich Pätzold geben wird, ließ der CDU-Abgeordnete Eberhard Diepgen gestern noch offen. Wenn die Ausländerpolitik des Senats jedoch so weiterlaufe, wolle man nach der Sommerpause einen Mißtrauensantrag gegen den regierenden Bürgermeister Walter Momper einbringen. Keine neuen Argumente erwartet der ausländerpolitischer Sprecher der SPD, Ekkehard Barthel, auf der Sondersitzung. Die CDU habe sich die Ausländer- und Asylpolitik aufgewählt, um die Koalition zu kippen sagte Barthel. Man habe zwar in der SPD mit heftigem Gegenwind auf die Neuregelung gerechnet, erklärte Barthel, „aber offenbar interpretieren einige CDUler die Weisung wie Khomeini den Koran - als Kampfaufruf.“

Inzwischen ziehen auch Bundesinnenminister Schäuble und sein bayerischer Amtskollege Stoiber alle Register, um die Berliner Neuregelung zum Sommerlochthema auf Bundnesebene aufzubereiten. Stoiber forderte bereits am Dienstag eine Sondersitzung der Innenministerkonferenz und sprach von einer „nicht hinnehmbaren Zumutung und Verhöhnung der deutschen Bevölkerung“ durch die Berliner Weisung. Bundesinnenminister Schäuble hatte von Pätzold verlangt, die Weisung zurückzunehmen, da Berlin bundesweite Grundsätze der Ausländerpolitik und die Rechtseinhait mit dem Bund verlassen habe.

Daß die vermeintliche Rechtseinheit je existiert hat, darf jedoch bezweifelt werden. Da die Berliner Regelung das Ausländergesetz nicht tangiert, bleibt sie im Bereich der Länderkompetenz. Der Versuch, durch einen Mustererlaß der Ausländerreferenten der Bundesländer, eine einheitliche Asylpolitik zu schaffen, war bereits im Dezember letzten Jahres nicht etwa an Berlin, sondern an Bayern und Baden -Württemberg gescheitert. Der Mustererlaß sieht ebenfalls vor, Flüchtlinge, die bereits längere Zeit in der Bundesrepublik leben, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Der Erlaß, der inzwischen unter anderem von Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen übernommen worden ist, wurde von Bayern und Baden-Württemberg von Beginn an kategorisch abgelehnt.

Verhaltenene Reaktionen waren bisher aus SPD-regierten Bundesländern zu hören. Während Hamburg und Schleswig -Holstein keine Veranlassung sahen, den Berliner Vorstoß zu kommentieren, erklärte der Referent für Asylangelegenheiten im nordrhein-westfälischen Innenministerium, Georg Nagel, daß in Nordrhein-Westfalen zum Jahresende eine „differenziertere Altfallregelung“ ausgearbeitet wird. Bislang müssen Flüchtlinge eine Aufenthaltsdauer von mindestens acht Jahren vorweisen, um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die „Bewährungsklausel“ der Berliner Weisung, wonach ehemalige Straftäter unter bestimmten Voraussetzungen eine „Duldung auf Bewährung“ erhalten, ist nach Nagels Auffassung „wirklich mal was originelles. Darüber könnte man in Nordrhein-Westfalen auch mal nachdenken.“