piwik no script img

„Judas“ schürt Fußballkrieg

Bayerns protestantischer Europacupgegner Glasgow Rangers verpflichtet einen Katholiken  ■  PRESS-SCHLAG

Die Nachricht schlug in Glasgow wie eine Bombe ein: Der schottische Fußball-Nationalspieler Maurice „Mo“ Johnston kehrt für eine Ablösesumme in Höhe von knapp fünf Millionen Mark vom FC Nantes nach Glasgow zurück - allerdings nicht zu seinem Stammverein Celtic, sondern zum Erzrivalen Rangers.

Beim Management und den Fans von Celtic hat der Transfer blinde Wut ausgelöst. Noch vor zwei Monaten hatte Johnston im grün-weiß gestreiften Celtic-Trikot vor den Kameras posiert und lauthals verkündet, seine Rückkehr zu Celtic käme der Erfüllung seiner Träume gleich. Doch Rangers zahlte eine Million Mark mehr. Nun sagte Johnston: „Ich bin begeistert, daß ich für Rangers spielen darf. Es ist zweifellos einer der größten Clubs in Europa.“ Ein Celtic -Fan, der sich wegen der Schock-Nachricht von der Arbeit beurlauben ließ, machte aus seinen Gefühlen vor dem Parkhead -Stadion von Celtic keinen Hehl: „Er ist ein Judas. Er hat das Tafelsilber geklaut und ist abgehauen, der Bastard.“ Sein zwölfjähriger Sohn fügte aus tiefstem Herzen hinzu: „Ich hasse ihn.“

Doch auch im drei Kilometer entfernten Ibrox Park, dem Stadion der Rangers, herrschte keine bessere Stimmung. Mo Johnston ist nämlich Katholik, und die Rangers hatten in der Vergangenheit noch nie einen Katholiken verpflichtet. „Das soll auch so bleiben“, sagte ein älterer Rangers-Anhänger. „Katholiken haben bei den Rangers nichts zu suchen.“ Rangers -Manager Graeme Souness gab sich gelassen und versuchte, den Transfer herunterzuspielen: „Ich habe den Fans eine schlagkräftige Mannschaft versprochen, und Johnston ist nun mal der beste Stürmer in Großbritannien.“ Die Fans sehen das anders.

Sie würden höchstwahrscheinlich auch nicht der Verpflichtung des Katholiken Diego Maradona zustimmen. In den Kneipen der protestantischen Viertel Glasgows hat der an Gotteslästerung grenzende Einkauf Johnstons mühelos die derzeitige britische Streikwelle aus den Gesprächen verdrängt. Noch am Tag der Vertragsunterzeichnung versammelten sich 80 Fans vor dem Ibrox Park und sangen antikatholische Lieder. Die meisten schworen sich, keinen Fuß in das Stadion zu setzen, solange Johnston das Rangers -Trikot trage. Das könnte jedoch recht lange sein.

Johnston hat in einem Anflug von Optimismus einen Vierjahresvertrag unterschrieben. So ganz geheuer scheint ihm seine Entscheidung jedoch nicht zu sein. Er erklärte am Montag, daß er nicht in Glasgow, sondern in Edinburgh wohnen werde.

Ralf Mac Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen