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Zuerst enttäuscht, dann fassungslos

■ Die bundesdeutschen Wasserballer tun sich schwer mit dem Neubeginn nach Seoul / Gleich zwei Niederlagen beim Weltcup

Berlin (taz) - Nach den olympischen Spielen in Seoul, wo die bundesdeutschen Wasserballer wieder einmal eine Medaille verpaßt hatten, wollte der Deutsche Schwimmverband (DSV) den langjährigen Trainer Nicolae Firoiu endgültig loswerden. Der vierte Rang war zu wenig für einen, der schon zuvor immer das Ziel von Kritik abgab. Mit dem Trainer verließen auch einige ältere Spieler die Mannschaft. So ist das Weltcup -Turnier in Berlin die erste Bewährungsprobe eines verjüngten DSV-Teams mit einem jungen Trainer: Noch vor drei Jahren war Uwe Gaßmann, 35, selbst im Wasser aktiv.

Erfahrung und Erfolge hat er trotzdem aufzuweisen. Als Trainer bei den Wasserfreunden Spandau, dem seit Jahren dominierenden Verein in der Bundesrepublik, konnte er bei internationalen Wettbewerben an seinen legendären Vorgänger Alfred Bahlen anknüpfen. Der starb 1986 nach dem Spandauer Sieg im Supercup gegen Split in Zürich.

Mit der Nationalmannschaft steht Gaßmann gehörig unter Druck: Sein Vertrag ist zeitlich zunächst bis zur Europameisterschaft im August begrenzt. Und da er weiß, was von ihm erwartet wird, hat er sich das auch zum eigenen Ziel gemacht: eine Medaille muß her, zumal die EM im eigenen Land stattfindet und des DSV eifrigster Metallsammler Michael Groß für die Bonner Veranstaltung sein Desinteresse signalisiert hat.

Doch bereits in Berlin ist die Konkurrenz groß: Die acht besten Teams der letzten Olympischen Spoiele beteiligen sich am Weltcup, der seit 1979 alle zwei Jahre ausgespielt wird und neben Weltmeisterschaft und Olympia das prestigeträchtigste Turnier ist; 1985 in Duisburg gewann die BRD diese „inoffizielle WM“.

An den ersten Tagen ging es den Wasserballern in Berlin wie schon vor Wochen den Hockeyspielern: reges Interesse von Presse, Funk und Fernsehen, dafür nur wenige Zuschauer; gerade 400 zog der Eröffnungstag am Dienstag an. Und die sahen eine enttäuschende deutsche Mannschaft, die klar und chancenlos gegen Ungarn, den Fünften von Seoul, mit 6:9 Toren verlor. Der frühe Rückstand konnte nie ausgeglichen werden. Das Team spielte nervös und mußte zudem kurzfristig auf den wichtigen Angreifer Hagen Stamm verzichten. Vor den ungarischen Tor wurde unentschlossen agiert, und selbst das Überzahlspiel wurde schlecht ausgenutzt.

Da half auch nichts, daß Torhüter Peter Röhle (Spandau), der seit zehn Jahren um den Weltcup spielt, wieder hervorragend hielt und auch der Duisburger Rainer Osselmann ein gutes Spiel lieferte und mit zwei Toren erfolgreich war. Die Vorentscheidung fiel im zweiten Viertel, als die Mannschaft von Trainer Gaßmann durch den technischen Zusammenbruch der Zeitnahme-Computers in einer starken Phase unterbrochen wurde. Sie verpaßte den Ausgleich und mußte sogar mit dem Pausensignal das 3:5 hinnehmen.

Der Computer-Kollaps war nicht die einzige Panne, die die Organistoren zum Schwitzen brachte. Zudem führten Regelunstimmigkeiten der Schiedsrichter zu Konfussion bei Spielern und Publikum. Klar, daß Uwe Gaßmann nach dem 6:9 auch über „die Art und Weise“ der Niederlage enttäuscht war. Nach dem zweiten Mißerfolg im Spiel gegen Italien, diesmal mit Torjäger Stamm, war er dann nur noch fassungslos: Durch das 12:13 ist das Halbfinale in weite Ferne gerückt.

Jetzt gelten alle Hoffungen der Europameisterschaft in Bonn. Dort soll dann auch ein größeres Publikum für mehr Unterstützung sorgern.

Manfred Panförder

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