Mit Nato-Vorschlag in die Sommerferien

Genf (taz) - Bei den Wiener Verhandlungen über konventionelle Stabilität in Europa (VKSE) hat die Nato zum Abschluß der Sommerrunde den Bush-Vorschlag vom Nato-Gipfel Ende Mai als offizielle Position des westlichen Bündnisses eingebracht. Das von westlichen Politikern und Medien fälschlicherweise als „neu“ bezeichnete Paket enthält exakt die angestrebten Obergrenzen des Bush-Vorschlags: jeweils 275.000 US-amerikanische und sowjetische Kampftruppen Nuklearverbände ausgenommen - in Europa. Das bedeutet für die USA eine Reduzierung um 20 Prozent der 325.000 und für die UdSSR von rund 50 Prozent ihrer knapp 600.000 Soldaten.

Neu an der Vorlage ist lediglich die zahlenmäßige Präzisierung des Bush-Vorschlages über die Reduzierung der Kampfflugzeuge und -hubschrauber auf ein Niveau, das 15 Prozent unter dem bisherigen Nato-Besitzstand liegt. Die Nato soll nach der Reduzierung noch über 5.700 Kampfflugzeuge und 1.900 Kampfhubschruber verfügen dürfen.

Damit die Reduzierung nicht so einschneidend ausfällt, hat das westliche Bündnis seine kurz vor dem Nato-Gipfel Ende Mai noch mit 5.000 angegebene Zahl der Flugzeuge für den Verhandlungsvorschlag um Übungsflugzeuge und Depotbestände erhöht. Der Umfang der Depotbestände wird bislang geheimgehalten. Allerdings hat die Nato die Übungs- und Depotbestände nur in die Gesamtflugzeugzahl aufgenommen. In den Vorschlägen für Untergrenzen für bestimmte Zonen des Verhandlungsgebietes vom Atlantik zum Aral sind sie nicht enthalten. Die Nato argumentiert, daß die Bereithaltung einer dem Gegner nicht näher bekannten Größenordnung dieser Vorräte essential für die Aufrechterhaltung von „flexibler Antwort“ und Vorneverteidigung sei.

Das Bündnis ist außerdem dem Verlangen Frankreichs und Großbritanniens auf Ausklammerung sowohl der Langstreckenbomber der Typen Mirage 2000 und F 111, wie der „dual capable“, also mit atomarer wie konventioneller Waffen bestückbaren Flugzeuge gefolgt. Das dürfte die am 7. September wieder beginnenden Verhandlungen ebenso erschweren, wie die unter den Warschauer Vertragsstaaten nicht unumstrittene sowjetische Forderung, einen Teil der laut Moskau ausschließlich zur „Heimatverteidigung“ bereitgehaltenen Flugzeuge von den Verhandlungen auszunehmen.

Andreas Zumach