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RIECHERINNERUNGEN

 ■  Heute back ich, morgen brau ich...

Schwester Carla von den kleinen Zisterzienserinnen sagt am Telefon, daß sie „morgen“ brauen. Also holen wir unser Bier morgen, weither aus der Brauerei von A.

Es riecht oben in der Backstube wie in der großen Küche zu Hause, wenn Hefekuchen gebacken wurde, mindestens drei Bleche voll. Nur weiter her hier, der Hefeduft, Mutters blaue Schürze und der volle Busen.

Und es riecht, eindeutiger als in Kuchenküchen, nach süßer Gärung. Schwester Enigma waltet, hager in blau-weiß getreifter Tracht. Die braut seit 58 Jahren und hört nicht gut, riecht aber vertrauenerweckend.

Eine jüngere Schwester, rosig in grauer Tracht, kocht stumm, die Maische, glaube ich. Es rieselt und riecht, wenn man den Kopf in das geöffnete Türchen eines der zwei kupfergroßen Kessel stecken darf, wie Malzbonbon und Zuckerrübenschnitzel, die wir früher „rückgeliefert“ bekamen, lastwagenweise als Viehfutter, und auf denen ich unerlaubterweise kaute.

Immer hungrig auf was Süßes. Die Erinnerung berauscht mich schon: In der Gerstenmaische, die wir schnupfen, ist noch null Alkohol.

Schwester Carla, die deutsch-stämmige Braumeisterin, ist nicht zu sehen (Nie werde ich verraten, wo die kleinen Schwestern wirklich brauen - und wie sie heißen. Man muß das Schöne geheimhalten bis auf Düfte, die sich eh nicht halten lassen.).

Hier in Altneuburg wird ein Bier gebraut, das sechs Wochen lagern muß und dann am besten in sechs weiteren Wochen ausgetrunken wird.

Im Gärkeller riecht's - bei sieben Grad - auch ein bißchen nach Schweinestall, und grad wird mir klar, daß der Stallduft meiner Kindheit eben nicht nur Schweinegestank war, sondern verwoben mit den Düften des Fressens. Schweine kriegen die Treber, Reste vom Malz der Braugerste.

Glückliche Schweine der Nazizeit! Ihr bekamt auch Kartoffeln, die in einem drei Meter hohen Apparat mitten auf dem Hof, neben Landmaschinen gedämpft wurden und von denen ich ebenfalls heimlich (ih, das sind Schweinekartoffeln!) mir vorher eine wegnahm: Im Winter draußen ohne Salz noch Butter genossen, diese Erinnerung stürzt mir jetzt aus irgendwelchen Hirnzellen herunter, hier im Altneuburger Bierkeller; ach der leichte Geruch von Maschinenöl im Vorraum stimmt. (Denn so isses nicht, die wie Bäume in ihrer Tracht steckenden Nonnen sind gut technisiert.)

Am Schluß zeigt doch noch Schwester Carla ihr breites fränkisches Lächen (Ob sie mir noch Bier verkaufen wird, wenn sie dies gelesen hat?). Ihr Rinde ist Blaumann-blau, sie stemmt zwei Kästen zugleich auf den Wagen, und ich (Idiot) beneide sie um ihr Leben.

Als wir in Auerbachs Hof nebenan endlich das Klosterbier zischen lassen, bin ich auf dem Baum.

Ja, acht Jahre alt, sitze mit einer Schnappverschluß -Flasche in unserem Baumhaus, trinke das Malzbier einer Brauerei namens Jansen & Bächli, esse dazu von einer Rolle (zehn RPfg.) Himbeerdrops und schaue, ohne selbst gesehen zu werden, auf Gärten, Bäume, den Badesee, an dem es immer leicht nach Kacke roch, weil sich zwischen Himbeersträuchern in die Nesseln zu setzen so Spaß machte. Ganze Tage in den Bäumen.

Hier im Auerbachgarten verzehren wir nun zum Hellen auch ein Schnitzel. Und ich könnte schwören, das Schwein dazu ist mit Trebern gefüttert. Was ja naheläge. Und es gewittert, da gehen auch die Nasen auf. Der Wirt dementiert lachend oder versteht miß: Bierhefe? Nein, wir trinken alles selber!

Vielleicht gerät nur der Brauduft aus der Luft in das Fleisch? „Holy Beer“, nennt es mein Freund Morris.

Nasenbier

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