Rot-Grün gegen Frankfurts Flughafen-Macht

Konflikt um ein Riesenprojekt der Flughafen AG: Bürozentrum mit 15.000 Arbeitsplätzen / Flughafen AG stellte die neue Stadtregierung vor vollendete Tatsachen: Der ausgewählte Entwurf mit Tausenden von Parkplätzen widerspricht der neuen Verkehrspolitik  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die Frankfurter Flughafen AG (FAG) hatte sich im März '89 verkalkuliert: die Flughafen-Ausbauplaner um FAG-Vorstandsmitglied Thomas Norweg setzten in diesen heißen Kommunalwahlkampftagen nämlich auf Sieg: auf den Sieg der Freunde aus den Reihen der christlichen Demokraten, die

-als Mitglieder der Landesregierung und als kommunale Wahlbeamte in Frankfurt - im Aufsichtsrat der Flughafen AG saßen. Doch am Abend des 12. März kam alles anders. Die Roten und die Grünen enterten den Römer, und der „parallel zur Wahlzeit abgewickelte Architektenwettbewerb“ (Norweg) für das größte Ausbauprojekt des Rhein-Main-Flughafens, das „Bürozentrum Ost“, wurde von der FAG zur geheimen Kommandosache erklärt.

Im Vertrauen auf den in der Vorstandsetage der FAG prognostizierten Wahlausgang hatten die Planer der Bürostadt für etwa 15.000 Angestellte einen nichtöffentlichen Architektenwettbewerb angesetzt, obgleich das „Bürozentrum Ost“ auf Frankfurter Boden gebaut werden soll und die Stadt Anteilseignerin der FAG ist. Und die inzwischen abgewählten Mitglieder des CDU-Magistrats unter Brück hüteten sich, die neuen Machthaber im Römer auf die Ausbaupläne der FAG aufmerksam zu machen.

So erfuhren die Roten und die Grünen, deren Mehrheit im Stadtparlament via Planungsausschuß das Projekt absegnen oder ablehnen muß, Anfang Juli nur aus der Lokalzeitung, daß sich die FAG - nach Auswertung des Architektenwettbewerbs für das „Bürozentrum Ost“ am gleichfalls geplanten „Terminal Ost“ - bereits für eine Bauvariante entschieden hatte. Das „Office for Metropolitan Architecture“ des Amsterdamer Professors Rem Koolhaas soll für die FAG die erste Ausbauphase für den „Flughafen 2000“ architektonisch begleiten.

Besonders peinlich für die übergangene neue Stadtregierung unter SPD-Führung war dabei der Umstand, daß mit Hans-Erhard Haverkamp der sozialdemokratische Baudezernent der christdemokratischen Wallmann/Brück-Ära mit im Obergutachtergremium der FAG zur Beurteilung der eingegangenen Vorschläge der Architekten gesessen hatte. Der Sozialdemokrat Haverkamp, von Wallmann Ende der 70er Jahre „aufgrund seiner fachlichen Qualitäten“ (CDU) als Baudezernent in Amt und Würden gehalten, war Ende Mai '89 von der neuen SPD/Grünen-Mehrheit abgewählt worden.

Entsprechend sauer reagierte der neue Planungsdezernent der Stadt Frankfurt, Martin Wenz (SPD), auf den Ausschluß der neuen Stadtregierung von der Planung. Schließlich besitze die Stadt auch für das Flughafengelände die Planungshoheit. Erst Tage nach einer Pressekonferenz der FAG, auf der der Entwurf von Koolhaas gezeigt worden war, lud der FAG -Vorstand den neuen Planungsdezernenten der Stadt zur Besichtigung des Modells.

Wenz will jetzt - in Absprache mit den Grünen - eine öffentliche Debatte über die Ausbaupläne der FAG initiieren. Und diese „neue Offenheit“ (Grüne) schließe auch öffentliche Architektenwettbewerbe mit „normaler Ausschreibung“ ein. Die FAG werde sich auf eine neue Praxis der Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt einzustellen haben, denn die Zeiten, als dem Flughafenbetreiber von den christdemokratischen Stadtvätern ohne Debatte jeder Wunsch erfüllt wurde, seien vorbei, meinte Lutz Sikorski von den Grünen im Römer. Die FAG habe umgehend „anzutanzen“ und die Gesamtpläne für den Flughafenausbau offenzulegen.

Der von der FAG favorisierte Architektenentwurf wird von den Grünen in der bestehenden Form ohnehin nicht akzeptiert, da neben dem Bürogebäude „Tausende von Parkplätzen“ geplant seien. Sikorski: „SPD und Grüne haben sich auf den Bau einer neuen S- und einer Fernbahntrasse zum Flughafen verständigt. Die Schaffung von gigantischem Parkraum am Flughafen steht dieser Konzeption diametral entgegen. Eine solche 50er-Jahre -Planung werden wir nicht akzeptieren.“