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Was lange währt, wird teuer

■ Ausstellung zum deutschen Widerstand wird am Mittwoch nach vier Jahren Verzögerung eröffnet

Der 1983 im Bendlerblock begonnene Aufbau der ständigen Ausstellung zum deutschen Widerstand ist jetzt abgeschlossen. Drei Tage vor dem 45. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Hitler stellte Senatsrat Dieter Senoner gestern die neuen Räume vor. Bis zum Jahresende werde die allein vom Land Berlin finanzierte Ausstellung insgesamt rund zehn Millionen Mark gekostet haben, wovon 2,5 Millionen auf reine Bauarbeiten und 7,5 Millionen auf Ausstellungsarbeiten entfielen. Ursprünglich sollte die Ausstellung nur vier Millionen Mark kosten und bereits 1985 eröffnet werden. Für die Verzögerung waren auch inhaltliche Auseinandersetzungen verantwortlich; unter anderem über die Frage, ob auch desertierte Soldaten zum Widerstand gehören.

Die letzten drei der insgesamt 26 Ausstellungsräume thematisieren die Opposition Jugendlicher gegen das NS -Regime, den Widerstand im Kriegsalltag sowie den Widerstand aus der Kriegsgefangenschaft und den des Nationalkommitees Freies Deutschland. Insgesamt umfaßt die Ausstellung 1.000 Quadratmeter Fläche. 1983 hatte der damalige Berliner Regierende Bürgermeister Richard von Weizäcker (CDU) die Historiker Eberhard Bethge und Peter Steinbach mit der Entwicklung einer Konzeption zur Ausstellung beauftragt. Die Ausstellungsgestaltung übernahm Hans-Peter Hoch.

Steinbach meinte, daß mit der besonderen Ehrung der Beteiligten am 20. Juli in der Vergangenheit oft andere Bereiche des deutschen Widerstands aus dem Blick geraten seien. Die Berliner Präsentation wolle jedoch alle Ereignisse gleich ernst nehmen. Er lobte die gute Zusammenarbeit mit DDR-Stellen, die bereitwillig zahlreiche Originale für die Reproduktion von Dokumenten zur Verfügung gestellt hätten, darunter Faksimiles von Flugblättern der Geschwister Scholl. Die Ausstellung „will zu viel und erreicht dadurch zu wenig“, kritisiert dagegen die Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses und AL-Abgeordnete Hilde Schramm. Sie wolle eine „Pädagogisierung über Betroffenheit vermeiden“ und werde dabei „gefühlsabweisend, ästhetisierend und entschärfend, heißt es in einer Erklärung. In der ausgestellten Fülle gehe der Zusammenhang verloren. Hinter dem Material verschwinde auch die „Tatsache, daß die Deutschen das NS-Regime überwiegend unterstützt oder geduldet haben“. Eine Ausstellung zum Widerstand, „die diese Einsicht nicht durchgehend mitgestaltet ..., klärt nicht auf“.

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