piwik no script img

Der rosarote Baron

Ein Spanier soll nach dem Willen der sozialistischen Fraktion neuer Präsident des Europaparlaments werden  ■ P O R T R A I T

Aus Brüssel Hortense Hörburger

Bereits 1987 wollten die Sozialisten Enrique Baron zum Parlamentspräsidenten wählen - als warmen Händedruck an das neue Mitglied Spanien. Aber 1987 war Spanien gerade ein Jahr Mitglied der Europäischen Gemeinschaft und die spanische Delegation nicht frei gewählt. Dieser Umstand hat Baron, der Leiter der spanischen sozialistischen Fraktion war, den Sieg gekostet. Präsident des Europaparlaments kann nur werden, der auf demokratische Weise gewählt geworden ist.

Heute ist Enrique Baron ein demokratisch gewählter Abgeordneter. Die SozialistInnen, mit 180 Mandaten stärkste Fraktion im Europaparlament, haben ihn als Parlamentspräsidenten vorgeschlagen. Am 25. Juli wird das Parlament bei seiner konstituierenden Sitzung entscheiden.

1944 in Madrid geboren, fallen Kindheit und Jugend Barons in die Zeit der Franco-Diktatur. Enrique Baron praktizierte von 1970 bis 1977 als Rechtsanwalt vor allem bei politischen Prozessen. Er gehörte seit 1960 dem Widerstand gegen Franco an und war Chef der Gewerkschaftsgruppierung „Convergencia“, die später mit der sozialistischen UGT zusammenging.

Auch im Europaparlament hat Baron einige Aufgaben wahrgenommen: Er ist Vizepräsident des Parlaments, ist im Vorstand der sozialistischen Fraktion und Mitglied des Haushaltsausschusses. Außerdem ist er Präsident der „Europäischen Bewegung“, in der alle Verbände und Vereine vertreten sind, die auf irgendeine Art und Weise mit Europa zu tun haben. Baron spricht fließend deutsch - er war in erster Ehe mit einer Hannoveranerin verheiratet -, französisch, englisch, italienisch, portugiesisch und, für einen gebürtigen Madrilenen am erstaunlich, ebenso fließend katalanisch.

Die Wahl eines Spaniers zum Präsidenten würde nach der Süderweiterung der Gemeinschaft nun auch eine Südverschiebung bedeuten. Damit könnten die Interessen der Länder und Regionen zum Tragen kommen, die bisher benachteiligt gewesen sind. Und ganz sicher hätte eine solche Wahl auch Auswirkungen auf Lateinamerika, das große Hoffnungen auf EG-Europa setzt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen