: Knallfrösche am „Tag der nationalen Freude“
Nicaragua feiert zehn Jahre Revolution / Internationales „Symposium über Demokratie und Revolution“ in Managua / Weniger freudetrunken die Opposition: Sie setzte sich mit der Contra in Guatemala zusammen / Contras wollen Zugeständnisse ■ Aus Managua Ralf Leonhard
Am 17.Juli 1979 machte sich der Diktator Anastasio Somoza mit seiner Familie und den Reserven der Nationalbank aus dem Staub. Zwei Tage später, am 19. Juli, siegte die sandinistische Revolution. Freudetrunken tanzten damals 100.000 Menschen auf einem Platz, der fortan „Platz der Revolution“ hieß. Bilder, die um die Welt gingen - heute vor genau zehn Jahren.
Anlaß genug, um in Nicaragua den zehnten „Tag der nationalen Freude“ mit Knallfröschen, brennenden Autoreifen und ausgelassenen Tänzen besonders ausgiebig zu feiern. Neben den Straßenfesten allerdings sind für die Feierlichkeiten zum zehnjährigen Jahrestag der Revolution auch Diskussionsveranstaltungen, festliche Reden und feierlichen Aufmärsche geplant.
Seit Montag findet in Managua ein internationales „Symposium über Demokratie und Revolution“ statt, zu dem Intellektuelle und Politiker aus aller Welt gekommen sind. Präsident Ortega nutzte die Gelegenheit, um in seiner Eröffnungsrede zum wiederholten Male die „terroristische und totalitäre Politik“ der USA gegen Lateinamerika zu geißeln.
Neben dem Symposium waren die vergangenen Tage bereits gefüllt mit Veranstaltungen. Am Wochenende feierte Vizepräsident Sergio Ramirez in Esteli die Einnahme der Kaserne der Nationalgarde während des Befreiungskriegs. Daniel Ortega verteilte indes in Leon im Vorgriff auf zehn Jahre Agrarreform Landtitel und heftete verdienten Mitstreitern glänzende Orden an die Brust. Nach dem morgigen Festakt geht es weiter mit einem Buchfestival und Treffen mit Vertretern der internationalen Solidarität.
Doch neben den Revolutionsfeierlichkeiten drängt die alltägliche Politik, besonders vor dem Auftakt des Wahlkampfes im August. In Guatemala konferierten am Wochenende der ehemalige Somoza-Offizier Enrique Bermudez und andere Mitglieder des Contra- Direktoriums mit Vertretern der Oppositionsallianz „Uno“. Contra-Chef Adolfo Calero erklärte anschließend, daß mit der Regierung über die Demobilisierung der konterrevolutionären Truppen nur dann verhandelt würde, wenn die Sandinisten auf die Bedingungen der Opposition für die Präsidentschaftswahl im Februar eingingen.
Möglicherweise wollen die Contras mit dieser Ankündigung lediglich die USA unter Druck setzen. Washington will die Finanzierung für das Koordinierungs- und Propagandabüro des sogenannten „Nationalen Widerstands“ in Miami streichen. Die Contras - so die USA - sollten sich lieber auf den Wahlkampf konzentrieren als in dem 250.000 Dollar teuren Propagandabüro die US-Unterstützung zu vergeuden.
Daniel Ortega hatte sich letzten Freitag nach einem ausführlichen Gespräch mit Costa Ricas Präsident Oscar Arias zur baldigen Aufnahme eines „nationalen Dialogs“ mit der Opposition verpflichtet. „Erst nach dem nationalen Dialog können wir sagen, ob uns die Bedingungen für die Wahlbeteiligung ausreichen“, verkündete Eli Altamirano, der Generalsekretär der nicaraguanischen Kommunistischen Partei, die ebenfalls Mitglied des Oppositionsbündnisses „Uno“ ist.
Der Streit zwischen Regierung und Opposition dreht sich um einige Punkte des Wahl- und des Mediengesetzes, die der Opposition undemokratisch erscheinen. Die bisherigen Reformen, so ein Vertreter der Contra, habe die Regierung nur formal erfüllt, „ohne Garantien für echte Beteiligung zu geben“. Die Opposition beharrt vor allem auf der Einrichtung eines eigenen, privaten Fernsehkanals, für den der ultrarechte Unternehmerverband COSEP bereits die nötigen Gelder hat. Dem hielt Daniel Ortega in seiner Eröffnungsansprache des „Symposions über Demokratie und Revolution“ entgegen: „Wie viele Parteien in Lateinamerika und der Karibik können sich Fernsehwerbung leisten? Solch ein Privileg ist keine Demokratie.“ In der bevorstehenden Wahlkampfperiode sollen alle Parteien kostenlos gleichviel Zeit im Fernsehen bekommen.
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