: Antikorruptionskampagne wütet
■ Sechs Chinesen wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen hingerichtet / Die Führung wirft den Agrarbehörden „Eigeninteressen“ vor / Japan erläutert China die Pariser Gipfelerklärung
Peking (ap/dpa) - Sechs Chinesen sind von Schanghaier Volksgerichten wegen Unterschlagung und Bestechung hingerichtet worden. Die Schanghaier Zeitung 'Xinmin Wanbao‘ meldete die Vollstreckung der Todesurteile am Dienstag, ohne Hinweis auf die Identität der Verurteilten. Vier weitere „Wirtschaftsverbrecher“ erhielten Todesstrafen mit Bewährung. Im Zuge der seit zwei Wochen auf Hochtouren laufende Antikorruptionskampagne übte die chinesische Führung scharfe Kritik an den für die Landwirtschaft zuständigen Regierungsabteilungen. In einem Artikel der Pekinger 'Volkszeitung‘ hieß es am Dienstag, die landwirtschschaftliche Entwicklung des Landes sei aufgrund der „Eigeninteressen“ der Provinz- und Kreisregierungen im Vergleich zur Industrie ins Hintertreffen geraten. Die Provinz- und Kreisregierungen steckten Rohstoffe und finanzielle Zuschüsse nur in Wirtschaftszweige, die „schnellen und hohen Gewinn“ erzielten.
Die Pekinger Zeitung 'Bejing Ribao‘ hat am Dienstag neun Telefonnummern veröffentlicht, unter der Pekinger BürgerInnen die Verkäufer sogenannter „gelber“ Bücher mit pornographischen, abergläubischen, feudalen und gewalttätigen Inhalten denunzieren sollen. Eine Liste mit 60 verbotenen Buch- und Zeitschriftentiteln liege bereits vor.
Gegenüber dem Tokioter Außenministerium versicherte der chinesische Gesandte Tang Jiaxuan unterdessen, daß sein Land dem Programm der Wirtschaftsreformen und der Politik der „offenen Tür“ verpflichtet bleibe. Dem chinesischen Gesandten erläuterte Japan gestern Gründe für die Zustimmung zur Pariser Gipfelerklärung, die die Unterdrückung der prodemokratischen Demonstrationen in China verurteilt. Japan, das sich bislang gegen eine Isolation der Volksrepublik ausgesprochen hatte, forderte die chinesische Regierung auf, ihre Ernsthaftigkeit durch Taten zu demonstrieren.
Mit der Ermordung von zwei Japanern pro Monat ab Mitte August hat eine chinesische Terrorgruppe gedroht, die sich selbst als „Blutrot leuchtende Selbstmordschwadron“ bezeichnet. Wie Hideo Watanabe, erster Sekretär an der japanischen Botschaft in Peking, am Dienstag mitteilte, sei der im Innern Chinas aufgegebene Brief am Montag beim Pekinger Büro der japanischen Fluggesellschaft JAL eingegangen. Die Zahl der Anschläge könne sich auf je einen pro Woche erhöhen, falls Japan nicht „seine Einstellung ändere“. Der an die „japanischen Piraten“ adressierte Brief, der Japan der „wirtschaftlichen Invasion“ Chinas bezichtige, enthalte keine spezifischen Forderungen, sagte Watanabe. Japanische Studenten, Journalisten und Botschaftsangehörige wurden von der Drohung ausdrücklich ausgeschlossen.
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