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Vom Atom zum PKW-Recycling

Max Streibl jubelt: Ohne WAA wird in Wackersdorf alles viel besser  ■ K O M M E N T A R

Nach dem Baustopp für die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf darf es für den seligen Franz Josef Strauß nur noch eine Devise geben: Schnellstens im Grabe umdrehen und in „volle Deckung“ gehen. Hatte er doch ausgerechnet im letzten Interview vor seinem Tode den bemerkenswerten Satz einfließen lassen: Wenn Wackersdorf nicht gebaut wird, würden die nachfolgenden Generationen „Steine auf unsere Gräber“ schmeißen.

Tatsächlich jedoch wird statt dessen Stein auf Stein über der Bauruine der WAA Sinnvolleres zusammengefügt. Doch gerade dies müßte den gewichtigen Ministerpräsidenten am stärksten ins posthume Rotieren bringen: Die Leichtigkeit, mit der seine Erben in München die Niederlage an der Front im Taxöldener Forst wegstecken. Anläßlich der Ankündigung von BMW, in Wackersdorf Autoteile zu produzieren, machte Max Streibl aus der Not eine historische Tugend: Nach „einer der besten Nachrichten seit langem“ stehe nunmehr „schon heute fest, daß die bereits gesicherten Ansiedlungsvorhaben mehr Arbeitsplätze bringen werden, als wir sie von der WAA erwarten konnten.“

Da wurden jahraus jahrein gerade aus München Schreckensbilder an die Wände der Gemeindesäle in der widerspenstigen Oberpfalz gemalt und pseudowissenschaftliche Szenarien gegenübergestellt. 1.Option: Hoffnungsschimmer für die Krisenregion durch ganze 1.600 Arbeitsplätze beim Bau des Zehnmilliardendings WAA; 2.Option: Zwingend die vollständige Entvölkerung bis hin zur Versteppung der Gegend beim Verzicht auf die WAA. Das Argument der Sicherung der atomaren Entsorgung des nuklearen Kreislaufs war naturgemäß in Wackersdorf zweitrangig. Bei der Kirchturm- und Stammtischpolitik der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen und der bayrischen Landesregierung ging es um Arbeitsplätze und sonst nichts. Die Entscheidung von BMW und der anschließende Jubelschrei Streibls widerlegen nun nicht nur die tumbe Argumentation der Alternativlosigkeit zur atomaren Arbeitsbeschaffung.

Bemerkenswerter ist da schon, wie schnell BMW sich zur Errichtung eines vierten Werkes entschlossen hat. Derlei Entscheidungen werden in der Regel nach jahrelangen Pokerspielen mit Kommunen oder Ländern um die günstigsten Bedingungen zur Ansiedlung getroffen. Bemerkenswert ist die Entscheidung des Münchner Automobilunternehmens um so mehr, als BMW nach der Inbetriebnahme des Werkes in Regensburg erstmal noch gar keinen dringenden zusätzlichen Standortbedarf hatte. Des Rätsels Lösung: Wer die Chance wittert, in den Genuß von Zuwendungen zu kommen, derer sich ansonsten nur die Atomindustrie erfreut, dem fällt eine solche Entscheidung von heute auf morgen leicht, der muß zugreifen. Es sind ja nicht nur die 1,5 Milliarden Mark, die den Ansiedlungswilligen auf diesem Gelände zufließen sollen. Ein völlig neu erschlossenes - zudem einbruchsicheres Gelände mit allem Infrastruktur-Schnickschnack wartet.

Auch wenn von den 1,5 Milliarden Mark nur ein Drittel Bundes- und Landesmittel sind und der Rest „Wiedergutmachung“ der Elektrizitätswirtschaft: Als Subvention aus des Bürgers Portemonnaie an BMW ist schließlich auch der Rest anzusehen. Die können sich schließlich auf ihren jeweils monopolisierten Märkten nach Herzenslust bedienen. Ein jeder Bundesdeutsche kann sich bald bei jedem BMW der 3er-Reihe, den er auf der Straße erblickt, rühmen, sein Schräubchen dazu beigesteuert zu haben. Zu guter Letzt: Für jene Taxöldnerforst-Kämpfer, die da meinen, eine Autofabrik sei ebenso des Teufels wie eine Atomfabrik, für den haben die BMW-Strategen Trost bei der Hand. In ihren Wackersdorfer Hallen soll unter anderem auch eine „PKW-Recycling-Anlage“ installiert werden.

Ulli Kulke

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