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Kritik an Mißhandlungen in Italien

amnesty international: Folter in Polizeigewahrsam / Zu lange U-Haft bei politischen Gefangenen / KdVler haben's schwer / UNO-Menschenrechtskomitee berät über Situation in Italien  ■  Von Andreas Zumach

Genf (taz) - „Während der vergangenen Jahre erhielt amnesty international (ai) eine wachsende Anzahl von substantiellen Vorwürfen über Folter und Mißhandlungen von Untersuchungshäftlingen.“ Dieser Satz steht nicht etwa in einem Bericht der internationalen Menschenrechtsorganisation über die Zustände in einer Dritte-Welt-Diktatur, sondern in einem Report über den demokratischen Rechtsstaat Italien. Er liegt dem UNO-Menschenrechtskomitee vor, das sich hier seit gestern mit der Situation zwischen Brenner und Palermo befaßt.

Darin schildert amnesty international eine Reihe von Fällen aus den letzten 14 Monaten, in denen Festgenommene im Gewahrsam der Polizei, der Karabinieri, oder der Finanz- und Steuerfahndung mißhandelt und zum Teil schwerverletzt in Gefängnisse eingeliefert wurden. Aus dem San-Vittore -Gefängnis in Mailand wurden im April 88, gestützt auf Aussagen des Personals, allein 47 Fälle gemeldet. Meist waren es Arbeitsimmigranten aus Nordafrika. Auf die im August 88 von der Mailänder Staatsanwaltschaft erbetene Auskunft über den Stand des Untersuchungsverfahrens wartet amnesty bis heute.

Die zweite, „seit langer Zeit immer wieder geäußerte Sorge“ gilt der Dauer politischer Prozesse und der entsprechend langen Untersuchungshaft der Angeklagten. Die oft „exzessiven Verzögerungen“ der Verfahren stellten eine „Verletzung internationaler Standards der Prozeßführung“ dar. Die von der Regierung in Rom 1988 vorgenommenen Reformen im Justizwesen hält amnesty international für „nicht ausreichend“. Zumal, da Gerichte nach wie vor die jetzt gesetzlich festgelegte maximale Haftzeit zwischen Festnahme und Verurteilung verlängern dürfen..Verglichen mit diesen beiden Vorwürfen relativ harmlos ist die dritte Kritik von amnesty international: die um acht Monate längere Dienstzeit für Kriegsdienstverweigerer sowie die Gefängnishaft für jährlich mehrere hundert junge Totalverweigerer - überwiegend Zeugen Jehovas.

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