: Diepgen droht mit Volksentscheid
■ Der Ex-Regierende haut in Bonn wegen des Ausländerbleiberechts auf die Pauke / Druck der konservativen Bundesländer auf Berlin angekündigt
Die heftige Debatte um das in dieser Woche vom Abgeordnetenhaus beschlossene Bleiberecht wird von der Berliner CDU immer stärker zu einem „Bonner Thema“ aufgebaut. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Eberhard Diepgen erklärte gestern in der Bundeshauptstadt vor Journalisten, er erwarte, daß die Bundesländer Druck auf den rot-grünen Senat ausüben werden, um eine Zurücknahme der umstrittenen Weisung zu erreichen. CDU-Chef Diepgen deutete in Bonn an, daß Bund und Länder den Senat auch mit der Aufhebung der Zuweisungsquote für Aussiedler zu einer Kursänderung in der Asylpolitik zwingen könnten.
Diepgen teilte mit, daß die von der Union und den „Republikanern“ stark kritisierte Asylregelung auch in der nächsten Innenministerkonferenz diskutiert werden soll. Vor dem Hintergrund der Aufnahmefähigkeit Berlins müsse der Senat den Zusammenhang zwischen der Zuwanderung von Aussiedlern und Ausländern erkennen. „Die rot-grüne Koalition kann nicht versuchen, Aussiedler aus dem Osten und Übersiedler aus der DDR ins Bundesgebiet weiterzuschieben, wenn sie die Stadt gleichzeitig für Asylbewerber öffnet“, sagte er. Der Oppositionsführer schloß nicht aus, daß sich die CDU im Herbst an einem Volksbegehren gegen den Senat beteiligen wird. „Wir werden die Bürger dann unterstützen, wenn das Faß zum Überlaufen gekommen ist.“ drohte er. Seiner Meinung nach „ist es kurz vor dem Überlaufen“.
Der neue Landesvorstand der Berliner „Republikaner“ hat vor kurzem bereits angekündigt, einen Volksentscheid zur Auflösung des Abgeordnetenhauses einzuleiten. Dieser Kampagne werden aber nur Chancen eingeräumt, wenn sich die CDU daran beteiligt und Konservative und Rechtsradikale gemeinsam agieren. Die bisherigen Versuche von Bürgerinitiativen und anderen poltischen Gruppen, Berliner Regierungen über einen Volksentscheid zu stürzen, scheiterten in der Vergangenenheit schon zu Beginn der Kampagnen an der mangelnden Mobilisierung von Unterschriftengebern.
Eberhard Diepgen sprach sich gestern auch dagegen aus, auf dem Bundesparteitag einen Beschluß gegen eine Zusammenarbeit mit den „Republikanern“ zu fassen. Er halte die entsprechende Erklärung des CDU-Präsidiums für völlig ausreichend.
Diepgen regte sich nicht nur über die zu Anfang der Woche vom Abgeordnetenhaus verabschiedete Neuregelung des Bleiberechts auf - daß Momper voraussichtlich als erster Regierender Bürgermeister Berlins nach Moskau fahren wird, um mit Gorbatschow zu reden, war ihm auch nicht recht. Ein solcher Besuch sei „unangebracht“ meinte Diepgen, da er bislang keine Veränderungen in der Haltung der Sowjetunion zu Berlin erkennen könne.
ccm
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